Das Thüringer Schulprojekt „KathReliOnline“ hat sich in der aktuellen Corona-Krise bewährt. Von den Erfahrungen, die mit dem bundesweit einzigartigen Angebot für Online-Religionsunterricht bisher gemacht wurden, können andere Unterrichtsfächer nun profitieren, wie die Verantwortlichen mitteilten. „KathReliOnline“ ist ein gemeinsames Projekt des Bistums Erfurt und des Landes Thüringen.
Als die Planungen im Jahr 2015 begannen, waren allerdings andere Herausforderungen Auslöser für das innovative Schulprojekt. „Wir haben gerade in ländlichen Regionen mit wenigen Katholiken das Problem, dass sich mit den wenigen Schülern keine Lerngruppen für den katholischen Religionsunterricht bilden lassen. Wir mussten uns also etwas einfallen lassen“, sagte Martin Fahnroth, Leiter der Schulabteilung im Bistum Erfurt.
Fahnroth suchte die Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium des Landes und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm). Die gemeinsamen Planungen führten schließlich zu einem Projekt, das bisher einzigartig in Deutschland ist und nun durch die Corona-Krise erhöhte Aufmerksamkeit erfährt. Schon länger steht fest, dass es ab dem Schuljahr 2020/21 von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wissenschaftlich begleitet werden soll.
Digitaler Unterricht per Schulcloud und Videochat
„KathReliOnline“ ist ein auf digitaler Kommunikation basierender Unterricht, der zu zwei Dritteln aus Onlinephasen und zu einem Drittel aus Präsenzphasen besteht. Für die Onlinephasen hat das Bistum Erfurt mit Unterstützung des Bonifatiuswerkes internetfähige Tablets für Lehrende und Lernende angeschafft. Per Videochat kommuniziert der Lehrer sowohl mit einzelnen Schülern als auch mit der gesamten Gruppe in Bild und Ton. Auch wenn die Schüler nicht am gleichen Ort sind, können sie sich so an Unterrichtsgesprächen beteiligen und miteinander diskutieren. Auch ein Datenaustausch ist möglich.
Aufgabenstellungen werden vom Lehrer in der Thüringer Schulcloud einstellt, einem Online-Datenspeicher des Landes, in dem es viele abgeschlossene „Räume“ gibt. Einer dieser virtuellen „Räume“ gehört „KathReliOnline“. Ihn können nur der jeweilige Religionslehrer und seine Schüler „betreten“, um dort Aufgaben zu deponieren und die Arbeitsergebnisse abzuliefern. Die Aufgaben werden von den Schülerinnen und Schülern einzeln oder auch in Zusammenarbeit mit anderen bewältigt. Der Zeitraum für die Bearbeitung ist nicht beliebig. Der Online-Unterricht findet statt, wenn die nichtkatholischen Klassenkameraden den Ethik- oder evangelischen Religionsunterricht besuchen.
Keine Schwierigkeiten in Corona-Krise
Diese feste Zeitstruktur hat Vorteile, wie Martin Fahnroth herausstellte. „Arbeitsergebnisse können mit einer festgelegten Frist in die Cloud eingestellt werden, um so die Stundenergebnisse jedes einzelnen Lerners zeitnah zu beurteilen. Feste Online-Zeiten der Schüler erleichtern zudem die Kontaktaufnahme mit dem Lehrer, so dass Fragen und Probleme schnell geklärt werden können“, sagt der Leiter der Bischöflichen Schulabteilung. Die Corona-Krise habe den Teilnehmern von „KathReliOnline“ jedenfalls keine größeren Schwierigkeiten bereitet, was den Unterricht der Onlinephasen betrifft. „Die Lehrer und Schüler haben weitergearbeitet wie bisher. Und viele Religionslehrerinnen und –lehrer sind froh, jetzt auf die Online-Aufgaben des Projektes zurückgreifen zu können“, sagte Fahnroth.
Eine Einschränkung brachte das Virus aber doch. In den Präsenzphasen von „KathReliOnline“ treffen sich Lehrer und Schüler fünf- bis sechsmal im Halbjahr analog, also nicht am Bildschirm, sondern in einer Schule oder in einem Pfarrhaus. Mit diesen Treffen ist es mit dem Auftreten des Corona-Virus´ erst einmal vorbei. Der Unterricht findet im Moment nur noch online statt, aktuell in drei Lerngruppen mit insgesamt zwölf Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 9 und 10 von sechs Schulen. Den Unterricht erteilen zwei Lehrerinnen aus dem staatlichen Schuldienst und ein Kaplan des Bistums Erfurt.
Noten und gewünschte Ausweitung auf Oberstufe
Selbstverständlich werden die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Projektes wie im regulären Religionsunterricht benotet. „Der Bewertungsmaßstab entspricht den Vorgaben, die für alle Unterrichtsfächer gelten. Grundlage ist der Thüringer Lehrplan. Alle erteilten Noten, einschließlich der Zeugnisnote, werden den entsprechenden Schulen von den Online-Lehrkräften mitgeteilt“, erklärte Fahnroth das Verfahren. Der Leiter der Schulabteilung freut sich, dass „KathReliOnline“ bei den Schülerinnen und Schülern des Projektes gut ankommt. „Wir haben mittlerweile weitere Interessenten in Friedrichroda, Sömmerda, Pößneck und Rudolstadt“, zählte Fahnroth auf. Was ihn nicht weniger freut: „Eltern und Schüler wünschen, dass das Projekt in den Klassenstufen 11 und 12 fortgesetzt wird und die Schüler in katholischer Religion auch eine Abiturprüfung ablegen können.“
Interview mit Martin Fahnroth auf domradio.de
Auf dem Internetportal domradio.de des Erzbistums Köln finden Sie ein Interview mit Schulabteilungsleiter Martin Fahnroth zum Projekt „KathReliOnline“.
(mam)