Röser, Johannes: Mut zur Religion. Erziehung, Werte und die neue Frage nach Gott. – Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2005. 160 S., € 8.90 (ISBN 3-451-05602-X)
In zahlreichen Publikationen der vergangenen Monate und Jahre wurde von namhaften Autorinnen und Autoren das Anliegen einer zeitgemäßen wertorientierten Erziehung und der Stellenwert und die Möglichkeiten des christlichen Glaubens behandelt und dargelegt. In vielen dieser für Detailfragen auch immer hilfreichen Bücher spielten vor allem die Erfahrungen der kirchlichen Tradition und des Glaubens der Menschen früherer Generationen eine Rolle. Eine nach vorne schauende, den aktuellen Herausforderungen verpflichtete Auseinandersetzung, die z. B. die durch Genforschung und Bioethik aufgeworfenen Fragen in lesbarer Form berücksichtigt, bietet der Buchmarkt selten an.
Diese Herausforderung mag Pate gestanden haben bei dem kleinen, gehaltvollen Band des Chefredakteurs der Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart“, Johannes Röser, der bereits durch einige sehr grundlegende Werke aufgefallen ist, denen oft die Frische und der Zwang zur wöchentlichen Auseinandersetzung mit neuen Fragen und Aspekten des gesellschaftlichen Zwiegespräches anzumerken war. Auch beim vorliegenden Band hat der Leser in jedem der elf Kapitel den Eindruck, dass bei Verzicht auf – lesehemmende – Zitatnachweise eine Unmenge an Materialien gedanklich verarbeitet wurde. Röser rekapituliert die Werte-Debatte im Zusammenhang mit der Frage nach den Bindungsnotwendigkeiten der Menschen, betont das Menschenrecht auf Religion und fordert folgerichtig die dazu notwendigen Bildungsvoraussetzungen. In diesen Eingangskapiteln reflektiert er die Zusammenhänge von Werten, Bindung, Bildung, Religion mit den Erkenntnissen der Hirnforschung: Nur wer Glaubensvollzüge kennen lernt und zur Wiederholung u. a. von Bindungserfahrungen angeregt wird, dessen Hirn hat eine Chance, nicht nur emotionale Nähe zu verarbeiten, sondern auch physiologische Denkstrukturen zu entwickeln.
Wenn der Autor im Weiteren nach der Modernität des Religiösen, der Intelligenz und der Vernunft des Glaubens fragt, arbeitet er immer wieder als neuralgischen Punkt das Zusammenwirken zwischen Alt und Jung, die Verlässlichkeit der Erfahrungen von Kindern heraus, die sie bei Eltern, Großeltern und der näheren Umgebung erleben können – oder auch nicht. Dies mündet in thesenartig formulierte „Zehn Erfahrungen auf dem Erziehungsweg“ ein, die jedem/r in ihrer Wirkung auf die kleinen und großen Mitmenschen als regelmäßiges Memento dienen können. Durch diese Akzentuierung sind Rösers Thesen mehr als Tipps für den Erziehungsalltag, sondern darüber hinaus Orientierungslinien für das eigene Verhalten in den alltäglichen, am Gemeinwohl interessierten (Glaubens-) Gemeinschaften.
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