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Die Jugend mit neuen Augen sehen

Brief an die Religionslehrerinnen und -lehrer

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Weltloses Heil - heillose Welt

Basisartikel von Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer

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Schule der Armen

Ein Buch über Kinderarbeit in Afrika

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Gnilka, Joachim, Bibel und Koran. Was sie verbindet, was sie trennt


Gnilka, Joachim, Bibel und Koran. Was sie verbindet, was sie trennt. - Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2004. 216 S., EURO 14.90 (ISBN 3-451-28316-6)

Der emeritierte Münchner Neutestamentler Joachim Gnilka legt diese - über sein bisheriges Arbeitsgebiet weit hinausgehende - Studie vor, in der er Altes und Neues Testament mit dem Koran in theologischen Grundsatzfragen vergleicht. Geleitet ist die Untersuchung von der Idee, herauszustellen, was Bibel und Koran verbindet und was sie trennt. Dabei beschränkt er sich auf die Quellen. Die jeweilige Auslegungsgeschichte bleibt außer Acht; der Arbeitsstil ist streng historisch-kritisch.

Ein erster Hauptteil beschreibt den historischen Hintergrund: die mögliche Begegnung Muhammads mit Juden und Christen in Arabien; die unterschiedlichen Biografien Jesu und des Propheten sowie die "gegenseitige historische Wahrnehmung" von Christen und Muslimen. Gnilka neigt hier aufgrund entsprechend ausgewählter Forschungsliteratur zu relativ eindeutigen Festlegungen zum Islam, wo die Orientalisten viel vorsichtiger interpretieren.

Nach einem zweiten Hauptteil mit einem allgemeinen Vergleich zwischen Bibel und Koran (Entstehung; Wertung; Gliederungsfragen) beschäftigt sich der zentrale und umfangreiche dritte Hauptteil mit den systematischen Fragen: Gottesbild, Welt als Schöpfung Gottes, Mittlergestalten, Sendung und Schicksal der Gottesboten, christologischer Vergleich, Jesusworte im Koran, gemeinsame Berufung auf Abraham, Menschenbild, Eschatologie, das Verhältnis Juden-Christen-Muslime und schließliche: ethische Weisung (mit den Schwerpunkten Dekalog und heiliger Krieg).

In erstaunlicher Detailgenauigkeit werden entscheidende Aspekte ausgeleuchtet, werden mögliche Abhängigkeiten, sachliche Zusammenhänge und Unterschiede markiert. Umfangreiche exegetische - was bei dem Fachmann nicht verwundert -, aber auch Koranliteratur wird verarbeitet. Zu Recht wird festgestellt, dass die koranische Verwendung alttestamentlicher und neutestamentlich-synoptischer Texte dazu dient, Muhammads Sendung als Siegel aller Prophetie zu legitimieren und die Grundelemente seiner Botschaft (Monotheimus, Rechtleitung und Gottes Gericht) zu belegen.

Gnilkas eher zu irenischer Kommentar zu den deutlichen, nach Ansicht des Koran - und auch der islamischen Tradition - unüberwindlichen Differenzen: "Da ist noch viel Gesprächsarbeit zu leisten." Zur gegensätzlichen Jesusdeutung im Islam und in der Bibel bemerkt er, dass dies der "Knotenpunkt des Trennenden" sei, aber im "Gespräch mit Muslimen sollen wir dies nicht in den Vordergrund stellen." Tatsache ist leider, dass in den christlich-islamischen Dialogbemühungen diese Differenz von islamischer Seite nur zu oft in den Mittelpunkt gestellt wird. Weiterhin möchte der Rezensent kritisch anmerken, dass die koranische Ambivalenz des "djihad" zu euphorisch interpretiert ist und dass eine Beschäftigung mit Gewalt und mit der Bedeutung der islamischen Umma - insbesondere wegen ihrer Wirkungsgeschichte und ihrer Gegenwartsbedeutung - mehr Beachtung verdient hätte.

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Zwickel, Wolfgang, Einführung in die biblische Landes- und Altertumskunde

Zwickel, Wolfgang, Einführung in die biblische Landes- und Altertumskunde, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2003. 176 S. m. 11 SW.-Abb. und Karten, € 19.90 (ISBN 3-453-15084-8)

Das Studium der biblischen Landes- und Altertumskunde hat in der Exegese von Anfang an einen breiten Raum eingenommen. Dies ist nicht erst seit der Aufklärung der Fall. Die Erforschung von Land und Umwelt der biblischen Geschichten hat schon die ersten einflussreichen Exegeten der antiken Kirchengeschichte beschäftigt, selbst wenn sie im einzelnen auf so unterschiedliche Ergebnisse gekommen sind wie Origenes und Theodor von Mopsuestia. Der heutigen Industrie- und Dienstleistungs-Gesellschaft ist die vorwiegend agrarische Umwelt der Bibel allerdings so fremd geworden, dass das Alltagswissen kaum noch mehr die Grundlagenkenntnisse vermittelt, um die biblischen Texte zu verstehen. Wegen der zunehmenden Distanz zur biblischen Lebenswelt ist die biblische Realienkunde mittlerweile zu einem Forschungsgebiet geworden, das unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen mit ihrer jeweiligen Methodik einbezieht: Archäologie, Alte Geschichte, die Orientalistik von der Ägyptologie bis zur Assyrologie, Papyrologie und Altphilologie u. a. m. In dieses weitgefächerte Forschungsgebiet gibt das vorliegende Buch eine gut verstehbare Einführung, die bisweilen sogar spannend zu lesen ist. Dabei lässt sich die Einführung dank ihres klaren Aufbaus auch als ein nützliches Handbuch verwenden. Die gut gegliederte umfangreiche Bibliographie im Anhang gibt noch zusätzlich weiterführende Literaturhinweise.

Im 2. Kapitel definiert der Verfasser seinen Forschungsgegenstand. Bereits die geographische Eingrenzung des Landes muss rechtfertigen, auf welche Grundlage sie sich stützt. Diese Frage hat Konsequenzen bis zu aktuellen politischen Fragen. Wolfgang Zwickel grenzt seinen Forschungsgegenstand einem heute verbreiteten Verständnis entsprechend auf das Gebiet von "Dan bis Beerscheba" ein (nach Ri 20,1; 1 Sam 3,20; 2 Sam 3,10 u.ö., vgl. SS. 14-15). Damit lässt er das gesamte übrige Gebiet des östlichen Mittelmeerraums außer acht, das später für die neutestamentliche Perspektive relevant wird, und bezieht sich mit seinem Buch vorwiegend auf den alttestamentlichen Teil biblischer Landeskunde, der allerdings auch für das Neue Testament die entscheidende Grundlage bleibt.

Nach einem Überblick (2. Kapitel) über die Forschungsgeschichte biblischer Archäologie, die schon früh in der Spätantike mit den ersten Pilgerreisen einsetzt, beschäftigt sich Zwickel im 3. Kapitel mit einer zweiten notwendigen Vorklärung biblischer Altertums- und Landeskunde: der Frage nach den Widersprüchen der biblischen Berichte zu den Ergebnissen moderner historischer Forschung (3. Kapitel). Eine Antwort auf dieses Problem zwingt heute dazu, eine Vielfalt an Methoden in Exegese und Geschichtswissenschaften miteinander in Einklang zu bringen. Der Verfasser schlägt in seinem Buch einen Weg ein, auf dem er beiden Disziplinen gerecht zu werden versucht. Seine Vorgehensweise veranschaulicht er an ausgewählten Problemfällen (47-51), z. B. an der klassischen Frage nach der Landnahme. Nach Zwickels Darstellung bleibt die Archäologie aber auch in diesen Problemfällen eine Hilfe, die biblischen Texte besser zu verstehen.

Nach diesen Vorklärungen widmet sich das Buch in den weiteren Kapiteln überblickartig dem Grundwissen biblischer Realienkunde: Chronologie (52-69), Landeskunde (70-107), archäologische Methoden (108-127), historische Topographie (128-136), Sitten und Gebräuche (137-139) und Kulturgeschichte (140-152).

Auf eine Grenze seines Buches weist der Verfasser selber gleich im Vorwort hin. Die archäologischen und historischen Ergebnisse für die Zeit des Neuen Testaments sind darin nur wenig berücksichtigt. Zwickel begründet dies damit, dass dieses Gebiet auch in neuerer deutschsprachiger Literatur nicht gründlich behandelt wird. Dies ist zum Teil richtig, wenn auch einige durchaus interessante Arbeiten zum Neuen Testament vorliegen (Rainer Riesner zu Jesus, Paulus und zum Johannesevangelium, Roland Deines zu einer Teilfrage wie den Reinigungsgefäßen in Joh 2,6, Jürgen Zangenberg zu dem frühen Christentum in Samarien u. a.). Zwickel selbst verweist auf S. 170 zumindest auf Michael Tilly (So lebten Jesu Zeitgenossen) und schon vorher auf das mehrbändige Werk von Gustav Dalman (137-138; 168).

Zwickel hat damit aber auch auf ein tatsächliches Problem aktueller neutestamentlicher Exegese hingewiesen. In ihr hat die Literarkritik in den letzten Jahrzehnten zu komplexen Theorien über die Entstehungsgeschichten neutestamentlicher Texte geführt, die ihrem Verständnis oft nicht mehr viel weiterhelfen. Die Möglichkeit, das Neue Testament von den Ergebnissen politischer, religions- und kulturgeschichtlicher Forschungen her zu verstehen, ist dabei deutlich in den Hintergrund des Interesses getreten. Dabei würden gerade diese den lebendigen Hintergrund vieler neutestamentlicher Texte neu erschließen. Sie würden auch den schulischen Unterricht zum Neuen Testament wieder neu interessant machen. Deshalb wäre es sehr wünschenswert, dass Zwickels Buch bald ein Pendant erhält, das die biblische Landeskunde aus neutestamentlicher Perspektive ähnlich gründlich und umfassend darstellt, wie es seines aus vorwiegend alttestamentlicher Perspektive bereits tut.

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Schockenhoff, Eberhard: Zur Lüge verdammt? Politik, Medien, Medizin, Justiz, Wissenschaft und die Ethik der Wahrheit

Schockenhoff, Eberhard: Zur Lüge verdammt? Politik, Medien, Medizin, Justiz, Wissenschaft und die Ethik der Wahrheit. Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2000. 526 S. € 35.00 (ISBN 3-451-27369-1)
Stellt das moralische Verbot der Lüge eine Überforderung des Menschen dar (18)? Ausgehend von dieser Frage, die nur eine "pessimistische Anthropologie" (31) bejahen kann und welche Eberhard Schockenhoff im ersten Kapitel ("Beitrag der Humanwissenschaften", 13-40) mit Hinweis auf den Menschen als Freiheitswesen, der Kontextgebundenheit menschlicher Rede und der eigenständigen Geltungslogik moralischer Normen verneint, entwirft der Freiburger Moraltheologe ein Handbuch zu einem grundlegenden Bereich angewandter Ethik. Wer sich vom etwas reißerisch formulierten Titel nicht abschrecken lässt und zu lesen beginnt, vermag sich nur noch schwer vom Text zu lösen. In den ersten drei Kapiteln erarbeitet der Verfasser die historischen und systematischen Grundlagen einer Wahrheitsethik (13-206), die Kapitel vier bis sieben behandeln mit den Bereichen Wissenschaft, Medien, Recht und Medizin konkrete Problemfelder (207-264), das kurze achte Kapitel besteht aus einem Epilog, in welchem die Überlegungen im christlichen Sinnhorizont gedeutet und vertieft werden (504-514).
Das zweite Kapitel (41-130) bietet einen historischen Überblick über die ethische Behandlung der Wahrheitsfrage ausgehend von Augustinus mit seinem kompromisslosen Lügenverbot, über Thomas v.A., der die Thematik im Zusammenhang mit der Tugend der Wahrhaftigkeit behandelt und die situative Adäquatheit einer Aussage hervorhob, die Neuzeit mit der Falsiloquientheorie (eine Falschaussage ist erst dann verwerflich, wenn keine Rechtsverletzung hinzukommt) und Kants rigoristischem Lügenverbot bis hin zu gegenwärtigen Beiträgen, in welchen insbesondere teleologische Ansätze und die Deutung einer Pflichtenkollision mit der unumgehbaren Konsequenz des Schuldigwerdens aufgenommen werden. Der Verfasser schließt sich der rigoristischen Tradition des Lügenverbots bei Augustinus, Thomas und Kant an, kritisiert eine rein auf die Folgen rekurrierende teleologische Begründung, ist aber in seinem eigenem Konzept der "situationsadäquaten Wahrheit" immer wieder bereit, Folgenüberlegungen in sein ethisches Urteil einzubeziehen (153: Hebammen von Ex 1, 15-21!, 196f, 202).
Ausgehend vom biblischen Wahrheitsverständnis erläutert er im dritten Kapitel (131-206) moraltheologische Aspekte: Neben dem Aussagewert der Wahrheit (logische Wahrheit) sollte auch deren personale Ausdrucksqualität (Tugend der Wahrhaftigkeit) und deren kommunikativer Grundsinn (Anerkennung des Anderen) mitbedacht werden (194), das moralische Urteil über eine Aussage nur aus dem Kontext heraus gefällt werden. Oberste Richtschnur und Norm bleibe die Liebe (204).
Erkenntnisleitend für den zweiten Buchteil ist die Bedeutung, die der Autor der immanenten Handlungsrationalität der jeweiligen Sachbereiche zuerkennt (206). Was folgt, sind vier eigenständige "kleine Tugendethiken" zu den Bereichen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit, Recht und Medizin.
Im vierten Kapitel zur Suche nach der Wahrheit in der Wissenschaft (207-264) kritisiert der Verfasser eine naive Fortschrittsgläubigkeit, erläutert die Tugenden eines Wissenschaftlers wie Sachlichkeit, Konsistenz, Bescheidenheit und geißelt so manches Fehlverhalten wie das Plagiat oder das Nichtnennen von Mitarbeitern.
Unter dem Titel "Wahrheit in der demokratischen Öffentlichkeit und in der medialen Kommunikation" entwirft der Verfasser die Grundrisse einer Medienethik, insofern die Geschichte der Pressefreiheit, Interpretationsmodelle medial erzeugter Wirklichkeit genauso wie eine Tugendethik der Medienschaffenden und -nutzer geboten wird (5. Kap., 265-352). Besonders spannend sind die drei Exkurse zur Ausschwitzlüge, den Wahrheitskommissionen und der Politikerlüge zu lesen.
Im sechsten Kapitel zur Wahrheitsfindung im Recht (353-442) wird sehr akribisch in die Welt der juristischen Hermeneutik und der richterlichen Urteilsfindung im Zivil- und Strafprozess eingeführt und insbesondere der Eid als Instrument der Wahrheitsfindung kritisch beleuchtet. Ein ausführlicher Exkurs zum innerkirchlichen Gebrauch des Eides lässt schließlich auch die Bereitschaft des Theologen zur (notwendigen) Kritik an der eigenen Kirche und ihrem Treueeid durchblicken, wenn diese auch sehr behutsam formuliert wird.
Schließlich folgt eine Abhandlung zur Wahrheit und Wahrhaftigkeit in der Medizin (7. Kap., 443-503). Historisch-ideengeschichtlichen Überlegungen folgen tugendethische Reflexionen zum Handeln und Entscheiden der Ärztinnen und Ärzte. Abgeschlossen wird das Kapitel mit Gedanken zur Arzt-Patienten-Beziehung. Besonders hervorzuheben ist hier die sensible und gleichwohl kritische Erläuterung der Wahrheit im ärztlichen Gespräch, wobei oberste Richtschnur das Wohlergehen des Patienten bleiben müsse (476). Auffällig ist, dass in erster Linie die Arztperspektive in den Blick genommen wird, eine "Tugendethik für die Patienten" fehlt.
Der erwähnte Epilog schließt das Handbuch mit einer theologischen Interpretation ab, die in ein Plädoyer für Toleranz und Offenheit gegenüber Andersdenkenden mündet (Kap. 8, 504-514).
Personen- und Sachregister ermöglichen das leichte Auffinden von Einzelthemen gemäß den verschiedensten Interessen, mit welchen Leserinnen und Leser zu diesem Handbuch greifen werden. Das ideengeschichtlich und tugendethisch geprägte Grundlagenwerk mit seinen Exkursen zu aktuellen Herausforderungen vermag Welten zu eröffnen und ist als interdisziplinäres Nachschlagewerk sehr zu empfehlen.


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Norbert Mette und Folkert Rickers (Hg.), Lexikon der Religionspädagogik

Norbert Mette und Folkert Rickers (Hg.), Lexikon der Religionspädagogik, Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter. - Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag. 2001. 2 Bände, 2336 Spalten und CD-ROM, - 149.00 (ISBN 3-7887-1798-X). Buchausgabe: 2 Bände. - 99.00 (ISBN 3-7887-1745-9)

Zusammen mit 395 Autoren ist es den beiden Herausgebern Norbert Mette (kath.) und Folkert Rickers (ev.) gelungen, sowohl vom Umfang her als auch der Qualität nach, ein beeindruckendes zweibändiges, 777 Artikel bzw. 2336 Spalten umfassendes Opus - die Herausgeber nennen es eine didaktische/religionsdidaktische Enzyklopädie (XII) - mit ökumenische(m) Ansatz (XI) zu schaffen. Interessant sind jedoch nicht nur die einzelnen Artikel, sondern auch die im Vorwort geschilderte Entwicklung der Religionspädagogik, die als wissenschaftliche Disziplin erst gut ein Jahrhundert alt ist und bei der sich im Laufe von drei bis vier Generationen nicht nur die Inhalte, sondern auch die Methoden und Konzepte, nicht zu vergessen die Beziehungswissenschaften, grundlegend geändert haben, so dass die Religionspädagogik heute geradezu programmatisch auf interdisziplinäre Zusammenhänge angelegt ist und sich zu einer Art Verbundwissenschaft entwickelt (IX) hat. So ist es nicht verwunderlich, dass die Artikel - selbstverständlich weitgehend aus religionspädagogischer Perspektive - das ganze Spektrum der universitären Theologie umfassen, von Abendmahl und Eucharistie über Erzählen als Grundform biblischer Didaktik über Jugendbewegung und Jugendweihe bis hin zu Zweites Vatikanisches Konzil und Huldrych Zwingli. Er ist NB einer von vielen für die Katechetik bzw. (Religions-) Pädagogik maßgeblichen Persönlichkeiten, denen in diesem Werk eine mehr oder weniger lange, immer aber fundierte und die pädagogischen Leistungen herausstreichende Biographie gewidmet wird. Das geht so weit, dass selbst der Sozialreformer Franz Hitze in einem eigenen Artikel erwähnt wird, weil er sich - und das ist unbestritten - um die Erwachsenenbildung innerhalb der katholischen Arbeitervereine verdient gemacht hat.

Neben der Pädagogik und Religionspädagogik behandeln diese Artikel auch das Feld der konkreten Organisation kirchlicher Pastoral und des Religionsunterrichtes in den einzelnen deutschen Bundesländern, dazu in den maßgeblichen europäischen und außereuropäischen Staaten. Auch Bulgarien ist vertreten; man muss es allerdings hinter Bultmann, Bund der deutschen katholischen Jugend und Burgartsmeier bzw. vor Calvin suchen.

Die von den Herausgebern bewusst intendierte ökumenische Anlage des Werkes ist grundsätzlich zu loben. Sie ist sicherlich eine Stärke dieses Werkes, allerdings auch seine Schwäche. Das zeigt sich insbesondere bei den systematischen Artikeln; Sie zeugen sichtlich von der Mühe, die aufgewendet werden musste, um den erreichten Konsens auch theologisch auszudrücken. Faktisch geschieht dies dergestalt, dass jeweils ein katholischer bzw. evangelischer Autor die betreffende Thematik mit ausdrücklicher Berücksichtigung der konfessionellen Differenz bearbeitet. Nur wenige Artikel, so z. B. Religiöse Erziehung und Christliche Erziehung werden von einem katholischen und einem evangelischen Autor bearbeitet. Beim Stickwort Ehe gehen die Verfasser über den normalen ökumenischen Rahmen sogar noch hinaus, indem sie nicht nur das evangelische und katholische Eheverständnis darlegen, sondern im Hinblick auf den fast überall gegebenen engen Kontakt zu muslimischen Jugendlichen auch das islamische Eheverständnis und Eherecht abhandeln.

Ansonsten kann man die konkrete Verwirklichung des ökumenischen Anliegens auch als Schwäche auslegen, weil das konfessionelle Profil zuweilen verschwimmt; denn je nachdem, welcher Autor ein Thema bearbeitet, gerät die zu seiner konfessionellen Position komplementäre sozusagen aus zweiter Hand. Des weiteren bezeugt das Werk einen ökumenischen Konsens, der bei vielen Religionspädagogen sicherlich bereits vorhanden ist und auch praktiziert wird, den es in der kirchlichen und schulischen Realität allerdings heute weitgehend so noch nicht gibt. Hier wollen die Herausgeber und Autoren sicherlich auch Schrittmacherdienste leisten.

Von diesen Beanstandungen abgesehen, dürfte das Werk besonders für Studierende ein wertvolles Lernmittel sein, das einer ersten Orientierung, und mit Hilfe der angegeben Literatur, auch zu einer vertieften Beschäftigung mit dem Studienstoff dienlich ist. Selbst wenn die rasante Entwicklung der Religionspädagogik anhalten sollte, dürfte dieses Lexikon für das nächste Jahrzehnt, vielleicht auch noch länger, für jeden Religionspädagogen ein unverzichtbares Nachschlagewerk bleiben. Die Artikel gewähren nämlich einen systematischen Überblick, lassen die historische Entwicklung der Thematik erkennen und geben die aktuelle Diskussion nebst weiterer Literatur wieder. Auch lassen die vertiefenden Verweise im Text die theologische Position des jeweiligen Autors erkennen.

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Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in der Schule


Böhm, Thomas: Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in der Schule. Schulrechtlicher Leitfaden. — Neuwied-Kriftel: Verlag H. Luchterhand. 2001. 218 S., DM 24.80 (ISBN 3-472-04300-8)



Die Fälle sind bekannt. Ein Schüler begrüßt seine Lehrerin mit "Heil Hitler" oder zeigt ihr den "Stinkefinger", ein anderer presst seinem Schulkameraden kurzerhand die neuen Nike-Turnschuhe ab oder verpasst ihm einen Faustschlag aufs Auge, so dass es zu einer Fraktur des Augenhöhlenbodens kommt. Prügeleien und Sachbeschädigungen sind Alltag an deutschen Schulen. Nicht selten stellt sich anschließend die Frage nach schulrechtlichen Konsequenzen, denn staatlicher Erziehungsauftrag und Schulfrieden werden durch derartige Vorkommnisse nachhaltig beeinträchtigt. Die Zeiten des Rohrstocks und körperlicher Strafen sind lange vorbei, die Mechanismen zulässiger Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen entziehen sich aufgrund der Komplexität der Materie aber häufig genauerer Kenntnis. Wer sich im Selbststudium ohne Anleitung dem Thema nähern will, steht vor einer nicht leichten Aufgabe, denn das Recht der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen betrifft nicht allein das Schulrecht, sondern ist eng mit dem allgemeinen Verwaltungsrecht und dem Verwaltungsprozessrecht verflochten. Für den Laien ein oftmals kaum zu überschauendes Feld.

Thomas Böhm, Dozent am Institut für Lehrerfortbildung in Mühlheim an der Ruhr, hat die rechtlichen Rahmenbedingungen schulischer Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen jetzt erstmals in einem eigenen Band systematisch aufgearbeitet und damit den Zugang zur Materie wesentlich erleichtert. Präzise werden Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen mit ihren verschiedenen Facetten voneinander abgegrenzt und ihre jeweiligen verwaltungsverfahrensrechtlichen Besonderheiten einschließlich der prozessualen Folgen aufgezeigt.

Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern verlangt nach schulischen Reaktionsmöglichkeiten und die Schulgesetze der Länder stellen sie mit den beiden genannten Maßnahmeformen bereit. Nicht die dem Strafrecht vorbehaltene Sanktionierung ist beider Ziel, sondern die erzieherische Einwirkung auf die Schüler. Mittels dieser sollen nicht nur die Unterrichts- und Erziehungsarbeit, sondern auch der Schutz von Personen und Sachen in der Schule gewährleistet werden.

Der Unterschied zwischen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen ist zunächst ein gradueller. Die in den Schulgesetzen der Länder abschließend aufgeführten Ordnungsmaßnahmen sind die ultima ratio des Schulrechts und erst dann zulässig, wenn Erziehungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind, von vornherein keinen Erfolg versprechen oder wegen der Schwere des Vorfalls nicht angemessen erscheinen (S. 71). In den Schulgesetzen kommt dies in dem formalisierten Verfahren zum Ausdruck, welches der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme vorausgeht. Die weniger einschneidenden Erziehungsmaßnahmen hingegen stehen in pädagogischer Eigenverantwortung des einzelnen Lehrers, der bei ihrem Einsatz aber ebenfalls rechtlichen Bindungen unterliegt.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden schulischen Reaktionsmöglichkeiten liegt in der rechtlichen Handlungsform. Während Ordnungsmaßnahmen Verwaltungsakte darstellen, die voraussetzen, dass ihr Adressat vor ihrem Erlass angehört wurde, handelt es sich bei Erziehungsmaßnahmen in der Regel um schlicht hoheitliches Handeln, dem die Rechtsaktqualität fehlt. Der Unterschied ist bedeutsam. Der Klassenlehrer, der als Erziehungsmaßnahme einen Klassenbucheintrag vornimmt, braucht den betroffenen Schüler vorher nicht anzuhören. Auch ist der Lehrer nicht an einer Eintragung gehindert, wenn der Schüler der Maßnahme widerspricht. Der gegen eine Ordnungsmaßnahme eingelegte Widerspruch hat demgegenüber aufschiebende Wirkung, wenn nicht ausnahmsweise die sofortige Vollziehung angeordnet wurde.

Böhm entfaltet all dies sehr ausführlich und mit vielen anschaulichen Beispielsfällen aus der schulrechtlichen Judikatur. Die Darstellung beschränkt sich nicht auf die zentralen Aspekte des Schulrechts, sondern zeigt ebenso die wichtigsten straf-, zivil- und neueren versicherungsrechtlichen Bezüge des Themas auf, die mit den Änderungen im Sozialgesetzbuch VII einhergehen. Ein eigenes Kapitel am Schluss des Bandes ist den Ordnungsmaßnahmen an Schulen freier Trägerschaft gewidmet, an denen sich jene als ein zivilrechtliches Problem darstellen.

Hilfreich sind die zahlreichen Hinweise und Ratschläge, die der Verfasser für die schulische Praxis gibt. So sollte die Titulierung einer Erziehungsmaßnahme als "Strafarbeit" tunlichst vermieden werden, weil ein Strafcharakter nicht mit dem Ziel von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen vereinbar und deshalb unzulässig ist (S. 19). Ebenso wenig dürfen Ordnungsmaßnahmen auf bloß pauschale Begründungen gestützt werden, die den konkreten Sachverhalt nur unzureichend würdigen. Vor Gericht haben mangelhaft begründete Maßnahmen keinen Bestand (S. 165ff.).

Dem Autor ist mit seinem "Schulrechtlichen Leitfaden" ein in jeder Hinsicht eindrucksvolles Werk gelungen. Die Praxisnähe wird ihm eine schnelle Verbreitung garantieren.



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Lüke, Ulrich/ Schnakenberg, Jürgen/Souvignier, Georg (Hg.): Darwin und Gott. - Das Verhältnis von Evolution und Religion

Lüke, Ulrich/ Schnakenberg, Jürgen/Souvignier, Georg (Hg.): Darwin und Gott. - Das Verhältnis von Evolution und Religion - Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2004. 184 S., - 39.90 (ISBN 3-534-17535-2)

Das mächtige Evolutionsparadigma ist in seinem Verhältnis zu Religion und Gott längst nicht erschöpfend behandelt. Anzuzeigendes Buch dokumentiert dies. Der aus einem Symposion hervorgegangene Band enthält 8 Beiträge von einschlägig bekannten Wissenschaftlern aus ganz unterschiedlichen Disziplinen. Alle Beiträge arbeiten jedoch an der gleichen Fragestellung, nämlich ob sich das Verhältnis von Religion und Evolution koproduktiv im Sinne einer Fortsetzung der biotischen Evolution, oder kontraproduktiv im Sinne eines gegenseitigen Ausschlusses, oder unproduktiv im Sinne einer gänzlichen Beziehungslosigkeit gestalte.

Es ist gut ausgewählt, dass der Band mit dem Beitrag von Günther Pöltner eine grundsätzliche philosophische Reflexion auf die Voraussetzungen für eine gelingende Interdisziplinarität allem anderen voranstellt, indem auch die unterschiedlichen wissenschaftlichen Zuständigkeiten einmal geklärt werden. Wolfgang Walkowiak beschäftigt sich mit der Entstehung von Religion in unserem Gehirn und führt dabei anschaulich in die Ergebnisse der neuronalen Forschungen ein. Eckart Voland und Caspar Söling bringen vom Standpunkt der Soziobiologie ein, dass Religiosität aus einem Zusammenspiel von vier "evolvierte[n] Domänen" (47) besteht: Mystik, Ethik, Rituale, Mythen. Im Laufe der Evolution ist es zu einer kognitiven Vernetzung dieser vier Domänen im homo sapiens gekommen, welche dem Menschen einen klar selektiven Vorteil eingeräumt hat; dienen die Domänen doch einer Weltorientierung und richten menschliches Verhalten in einer der Evolution besser angepassten Weise aus. Harald Euler vertritt die Evolutionspsychologie und fragt, inwieweit religiöse Phänomene besser durch sexuelle Selektion als durch natürliche Selektion erklärbar sind. Eine systematisch-theologische Sichtweise wird von Ulrich Lüke eingebracht, indem sich dieser mit der entsprechend grundsätzlichen Frage "Religion durch Evolution und/oder Evolution durch Religion?" (89) auseinandersetzt. Lüke versteht es darin zu zeigen, dass die unterschiedlichen Interpretationen von Religion im Sinne eines evolutiven Funktionierens und Beförderns sehr wohl einen Aspekt von Religion treffen, dass sich Religion darin aber keineswegs erschöpft. Die Sicht der Religions- bzw. Theologiegeschichte, welche von Matthias Kroeger vertreten wird, zeigt in der Beschäftigung mit der offenen Zeit der Evolution sehr deutlich, wie eng sich heute theologische und naturwissenschaftliche Aussagen aufeinander beziehen lassen. Der letzte Beitrag führt über die engen Grenzen von westlichem Naturalismus und christlicher Religion hinaus, indem der Religionswissenschaftler Wolfgang Gantke das Evolutionsparadigma und die östlichen Religionen beleuchtet. Das Nachwort von Jürgen Schnakenberg bedenkt noch einmal die naturwissenschaftliche Arbeitsweise und setzt sich mit dem Problem des Reduktionismus auseinander.

Das Buch gibt der Leserin und dem Leser einen guten Überblick darüber, in welcher Breite heute das Verhältnis von Evolution und Religion diskutiert wird. Weitgehend wurde auf Allgemeinverständlichkeit geachtet. Die Beiträge sind in einzelnen Punkten durchaus kontrovers und keineswegs immer mit theologischen Standpunkten vereinbar. Diese Multiperspektivität lädt dazu ein, Textabschnitte herauszunehmen, in einen Vergleich zu stellen und kontrovers zu diskutieren. Die theologisch ausgearbeiteten Positionen stehen dabei selbst noch einmal zur Diskussion. Wenn etwa Matthias Kroeger dazu auffordert, um des tieferen theologischen Verstehens willen Gott immant-jenseitig, also panentheistisch zu denken und eine "Öffnung des theistischen Gottesbildes hin zum Non-Theismus" (119) vorschlägt, der Gott von der Last der Persönlichkeit befreit, dann ist dies zwar ein in letzter Zeit populär werdender Vorschlag, allein von der Theologie her sollte er nicht unwidersprochen bleiben. Ulrich Lükes Beitrag stellt dagegen jenen theologischen Beitrag bereit, aus dem am ehesten ein Gewinn für die Absicht zu ziehen ist, das Thema Evolution in einem schöpfungstheologischen Kontext zu thematisieren.

Wie unverzichtbar es ist, in der Frage um eine Verhältnisbestimmung von Evolution und Religion einen eigenen Standpunkt einnehmen zu können, haben unlängst die Debatten im Nachbarland Italien gezeigt, als man daran ging, das Thema Evolution aus dem Lehrplan herauszunehmen (FAZ 22.04.2004/94/S.33).



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