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Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in der Schule


Böhm, Thomas: Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in der Schule. Schulrechtlicher Leitfaden. — Neuwied-Kriftel: Verlag H. Luchterhand. 2001. 218 S., DM 24.80 (ISBN 3-472-04300-8)



Die Fälle sind bekannt. Ein Schüler begrüßt seine Lehrerin mit "Heil Hitler" oder zeigt ihr den "Stinkefinger", ein anderer presst seinem Schulkameraden kurzerhand die neuen Nike-Turnschuhe ab oder verpasst ihm einen Faustschlag aufs Auge, so dass es zu einer Fraktur des Augenhöhlenbodens kommt. Prügeleien und Sachbeschädigungen sind Alltag an deutschen Schulen. Nicht selten stellt sich anschließend die Frage nach schulrechtlichen Konsequenzen, denn staatlicher Erziehungsauftrag und Schulfrieden werden durch derartige Vorkommnisse nachhaltig beeinträchtigt. Die Zeiten des Rohrstocks und körperlicher Strafen sind lange vorbei, die Mechanismen zulässiger Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen entziehen sich aufgrund der Komplexität der Materie aber häufig genauerer Kenntnis. Wer sich im Selbststudium ohne Anleitung dem Thema nähern will, steht vor einer nicht leichten Aufgabe, denn das Recht der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen betrifft nicht allein das Schulrecht, sondern ist eng mit dem allgemeinen Verwaltungsrecht und dem Verwaltungsprozessrecht verflochten. Für den Laien ein oftmals kaum zu überschauendes Feld.

Thomas Böhm, Dozent am Institut für Lehrerfortbildung in Mühlheim an der Ruhr, hat die rechtlichen Rahmenbedingungen schulischer Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen jetzt erstmals in einem eigenen Band systematisch aufgearbeitet und damit den Zugang zur Materie wesentlich erleichtert. Präzise werden Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen mit ihren verschiedenen Facetten voneinander abgegrenzt und ihre jeweiligen verwaltungsverfahrensrechtlichen Besonderheiten einschließlich der prozessualen Folgen aufgezeigt.

Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern verlangt nach schulischen Reaktionsmöglichkeiten und die Schulgesetze der Länder stellen sie mit den beiden genannten Maßnahmeformen bereit. Nicht die dem Strafrecht vorbehaltene Sanktionierung ist beider Ziel, sondern die erzieherische Einwirkung auf die Schüler. Mittels dieser sollen nicht nur die Unterrichts- und Erziehungsarbeit, sondern auch der Schutz von Personen und Sachen in der Schule gewährleistet werden.

Der Unterschied zwischen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen ist zunächst ein gradueller. Die in den Schulgesetzen der Länder abschließend aufgeführten Ordnungsmaßnahmen sind die ultima ratio des Schulrechts und erst dann zulässig, wenn Erziehungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind, von vornherein keinen Erfolg versprechen oder wegen der Schwere des Vorfalls nicht angemessen erscheinen (S. 71). In den Schulgesetzen kommt dies in dem formalisierten Verfahren zum Ausdruck, welches der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme vorausgeht. Die weniger einschneidenden Erziehungsmaßnahmen hingegen stehen in pädagogischer Eigenverantwortung des einzelnen Lehrers, der bei ihrem Einsatz aber ebenfalls rechtlichen Bindungen unterliegt.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden schulischen Reaktionsmöglichkeiten liegt in der rechtlichen Handlungsform. Während Ordnungsmaßnahmen Verwaltungsakte darstellen, die voraussetzen, dass ihr Adressat vor ihrem Erlass angehört wurde, handelt es sich bei Erziehungsmaßnahmen in der Regel um schlicht hoheitliches Handeln, dem die Rechtsaktqualität fehlt. Der Unterschied ist bedeutsam. Der Klassenlehrer, der als Erziehungsmaßnahme einen Klassenbucheintrag vornimmt, braucht den betroffenen Schüler vorher nicht anzuhören. Auch ist der Lehrer nicht an einer Eintragung gehindert, wenn der Schüler der Maßnahme widerspricht. Der gegen eine Ordnungsmaßnahme eingelegte Widerspruch hat demgegenüber aufschiebende Wirkung, wenn nicht ausnahmsweise die sofortige Vollziehung angeordnet wurde.

Böhm entfaltet all dies sehr ausführlich und mit vielen anschaulichen Beispielsfällen aus der schulrechtlichen Judikatur. Die Darstellung beschränkt sich nicht auf die zentralen Aspekte des Schulrechts, sondern zeigt ebenso die wichtigsten straf-, zivil- und neueren versicherungsrechtlichen Bezüge des Themas auf, die mit den Änderungen im Sozialgesetzbuch VII einhergehen. Ein eigenes Kapitel am Schluss des Bandes ist den Ordnungsmaßnahmen an Schulen freier Trägerschaft gewidmet, an denen sich jene als ein zivilrechtliches Problem darstellen.

Hilfreich sind die zahlreichen Hinweise und Ratschläge, die der Verfasser für die schulische Praxis gibt. So sollte die Titulierung einer Erziehungsmaßnahme als "Strafarbeit" tunlichst vermieden werden, weil ein Strafcharakter nicht mit dem Ziel von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen vereinbar und deshalb unzulässig ist (S. 19). Ebenso wenig dürfen Ordnungsmaßnahmen auf bloß pauschale Begründungen gestützt werden, die den konkreten Sachverhalt nur unzureichend würdigen. Vor Gericht haben mangelhaft begründete Maßnahmen keinen Bestand (S. 165ff.).

Dem Autor ist mit seinem "Schulrechtlichen Leitfaden" ein in jeder Hinsicht eindrucksvolles Werk gelungen. Die Praxisnähe wird ihm eine schnelle Verbreitung garantieren.



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Lüke, Ulrich/ Schnakenberg, Jürgen/Souvignier, Georg (Hg.): Darwin und Gott. - Das Verhältnis von Evolution und Religion

Lüke, Ulrich/ Schnakenberg, Jürgen/Souvignier, Georg (Hg.): Darwin und Gott. - Das Verhältnis von Evolution und Religion - Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2004. 184 S., - 39.90 (ISBN 3-534-17535-2)

Das mächtige Evolutionsparadigma ist in seinem Verhältnis zu Religion und Gott längst nicht erschöpfend behandelt. Anzuzeigendes Buch dokumentiert dies. Der aus einem Symposion hervorgegangene Band enthält 8 Beiträge von einschlägig bekannten Wissenschaftlern aus ganz unterschiedlichen Disziplinen. Alle Beiträge arbeiten jedoch an der gleichen Fragestellung, nämlich ob sich das Verhältnis von Religion und Evolution koproduktiv im Sinne einer Fortsetzung der biotischen Evolution, oder kontraproduktiv im Sinne eines gegenseitigen Ausschlusses, oder unproduktiv im Sinne einer gänzlichen Beziehungslosigkeit gestalte.

Es ist gut ausgewählt, dass der Band mit dem Beitrag von Günther Pöltner eine grundsätzliche philosophische Reflexion auf die Voraussetzungen für eine gelingende Interdisziplinarität allem anderen voranstellt, indem auch die unterschiedlichen wissenschaftlichen Zuständigkeiten einmal geklärt werden. Wolfgang Walkowiak beschäftigt sich mit der Entstehung von Religion in unserem Gehirn und führt dabei anschaulich in die Ergebnisse der neuronalen Forschungen ein. Eckart Voland und Caspar Söling bringen vom Standpunkt der Soziobiologie ein, dass Religiosität aus einem Zusammenspiel von vier "evolvierte[n] Domänen" (47) besteht: Mystik, Ethik, Rituale, Mythen. Im Laufe der Evolution ist es zu einer kognitiven Vernetzung dieser vier Domänen im homo sapiens gekommen, welche dem Menschen einen klar selektiven Vorteil eingeräumt hat; dienen die Domänen doch einer Weltorientierung und richten menschliches Verhalten in einer der Evolution besser angepassten Weise aus. Harald Euler vertritt die Evolutionspsychologie und fragt, inwieweit religiöse Phänomene besser durch sexuelle Selektion als durch natürliche Selektion erklärbar sind. Eine systematisch-theologische Sichtweise wird von Ulrich Lüke eingebracht, indem sich dieser mit der entsprechend grundsätzlichen Frage "Religion durch Evolution und/oder Evolution durch Religion?" (89) auseinandersetzt. Lüke versteht es darin zu zeigen, dass die unterschiedlichen Interpretationen von Religion im Sinne eines evolutiven Funktionierens und Beförderns sehr wohl einen Aspekt von Religion treffen, dass sich Religion darin aber keineswegs erschöpft. Die Sicht der Religions- bzw. Theologiegeschichte, welche von Matthias Kroeger vertreten wird, zeigt in der Beschäftigung mit der offenen Zeit der Evolution sehr deutlich, wie eng sich heute theologische und naturwissenschaftliche Aussagen aufeinander beziehen lassen. Der letzte Beitrag führt über die engen Grenzen von westlichem Naturalismus und christlicher Religion hinaus, indem der Religionswissenschaftler Wolfgang Gantke das Evolutionsparadigma und die östlichen Religionen beleuchtet. Das Nachwort von Jürgen Schnakenberg bedenkt noch einmal die naturwissenschaftliche Arbeitsweise und setzt sich mit dem Problem des Reduktionismus auseinander.

Das Buch gibt der Leserin und dem Leser einen guten Überblick darüber, in welcher Breite heute das Verhältnis von Evolution und Religion diskutiert wird. Weitgehend wurde auf Allgemeinverständlichkeit geachtet. Die Beiträge sind in einzelnen Punkten durchaus kontrovers und keineswegs immer mit theologischen Standpunkten vereinbar. Diese Multiperspektivität lädt dazu ein, Textabschnitte herauszunehmen, in einen Vergleich zu stellen und kontrovers zu diskutieren. Die theologisch ausgearbeiteten Positionen stehen dabei selbst noch einmal zur Diskussion. Wenn etwa Matthias Kroeger dazu auffordert, um des tieferen theologischen Verstehens willen Gott immant-jenseitig, also panentheistisch zu denken und eine "Öffnung des theistischen Gottesbildes hin zum Non-Theismus" (119) vorschlägt, der Gott von der Last der Persönlichkeit befreit, dann ist dies zwar ein in letzter Zeit populär werdender Vorschlag, allein von der Theologie her sollte er nicht unwidersprochen bleiben. Ulrich Lükes Beitrag stellt dagegen jenen theologischen Beitrag bereit, aus dem am ehesten ein Gewinn für die Absicht zu ziehen ist, das Thema Evolution in einem schöpfungstheologischen Kontext zu thematisieren.

Wie unverzichtbar es ist, in der Frage um eine Verhältnisbestimmung von Evolution und Religion einen eigenen Standpunkt einnehmen zu können, haben unlängst die Debatten im Nachbarland Italien gezeigt, als man daran ging, das Thema Evolution aus dem Lehrplan herauszunehmen (FAZ 22.04.2004/94/S.33).



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Freiheit oder Kapitalismus. Gesellschaft neu denken. Ulrich Beck im Gespräch mit Johannes Willms

Freiheit oder Kapitalismus. Gesellschaft neu denken. Ulrich Beck im Gespräch mit Johannes Willms. — Frankfurt: Suhrkamp Verlag. 5. Tsd. 2001. 296 S., € 17.80 (ISBN 3-518-41206-X)



Das vorliegende Werk des Münchener Soziologen Ulrich Beck ist ein Beispiel dafür, dass ein in der stillen Kammer zurückgezogener Wissenschaftler sich nicht notwendigerweise außerhalb des gesellschaftlichen Diskurses befinden muss. Beck schafft es immer wieder, Ideen aufzugreifen und davon ableitend Begriffe zu prägen. Im Gespräch mit Johannes Willms entfaltet Beck bildhaft die Topoi seines Denkens.

Beck propagiert die Antithese Freiheit oder Kapitalismus. Eine dogmatische Kritik am Kapitalismus liegt ihm jedoch fern; vielmehr ist eine Lust zu verspüren, zu debattieren. Ihm geht es um die aktuelle Entwicklung in der Gesellschaft. Der Untertitel lautet daher auch passend: Gesellschaft neu denken. Zwei Säulen bilden das Zentrum des Gesprächs: das Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus einerseits; sowie die Entwicklung der Arbeitsgesellschaft zur Risikogesellschaft andererseits. Während in den 60er und 70er Jahren sich eine Individualisierung auf dem Hintergrund relativer sozialer Sicherheiten vollzog, komme es nun — da die kollektiven Sicherheitssysteme abgebaut werden — zu einer Atomisierung der Individuen. Eine zunehmende Unsicherheit der individuellen Existenz erzeuge Angst bis in die Mitte der Gesellschaft hinein. Damit einhergehend werden auch die Voraussetzungen politischer Freiheit untergraben. Beck schlägt für die reichen Gesellschaften daher eine von der Erwerbsarbeit unabhängige Grundsicherung vor, die über die Sozialhilfe hinausgehen soll, um damit temporale Arbeit (Aktivitäten zu Hause, als Eltern, Bürgerarbeit) zu ermöglichen.

Zugleich konstatiert Beck, die Integration in die Arbeitsgesellschaft bedeute für die Individuen ein Netz der Ausbeutung, der Systemfunktionalität. In seinem Gedankensystem konsequent weiter gedacht ergibt sich daher die Frage: Wie soll dann aber die Zustimmung der in der Arbeitsgesellschaft Verbliebenen zu einer Grundsicherung zustande kommen, die von der Erwerbsarbeit unabhängig machen und eben vielfältige Aktivitäten ermöglichen würde?

Statt mit Erklärungen gibt sich Beck gelegentlich mit plakativen Slogans zufrieden. Die Südostasienkrise der vergangen Jahre nennt er ein ökonomisches Tschernobyl. Mit dieser Metapher ist sicherlich die organisierte Unverantwortlichkeit der globalen Finanzmärkte gemeint, die er auch an anderer Stelle geißelt. So sei die Folge der Globalisierung zunächst das Ende — näherhin ein Verlust an Macht — eines bestimmten Verhältnisses von Politik: der territorial-nationalstaatlich organisierten Politik. Ergebnis dieses Prozesses ist zum einen ein nach außen hin zu bezeichnender Kooperationsstaat, der in einem quasi Netzwerk zwischenstaatliche Vereinbarungen trifft und danach handelt; nach innen gerichtet steht ein entterritorialisiertes Staatsverständnis mit entsprechenden freien Handlungsspielräumen im Vordergrund. Aber nur einfach zu konstatieren, die staatlichen Regierungen verlören an Einfluss auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, ist zu dürftig. Das trifft auch in dem Wunsch Becks zu, nach einer weltumspannenden Ordnungsmacht, welche die transnationalen Konzerne in ihre Schranken weist. Denn zunächst müsste wohl geklärt werden, weshalb die Nationalstaaten die Herrschaft über die allgemeine Produktionskosten verloren haben und wo und nicht zuletzt wie — angesichts der Konkurrenz der großen Mächte und neuerdings auf dem Hintergrund der Terrorattentate auf Amerika — eine politische Weltpotenz entstehen könnte.

Beck wirft im Gespräch mit Willms zwar einige Fragen zur zeitgenössischen Gesellschaft auf, konkrete Antworten auf bedrückende Probleme der Globalisierung findet man bei ihm allerdings nicht immer — nicht zuletzt auf dem Hintergrund der neuesten globalen Entwicklungen. Auch würde sich die konkret-praktische Umsetzung einiger seiner Vorschläge als schwierig gestalten. Deshalb ist das Buch nicht uneingeschränkt zu empfehlen, sondern nur für den, der interessante Anregungen zu Diskussionen sucht.




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Stadelmann, Hans-Rudolf: Im Herzen der Materie. Glaube im Zeitalter der Naturwissenschaften

Stadelmann, Hans-Rudolf: Im Herzen der Materie. Glaube im Zeitalter der Naturwissenschaften - Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2004. 157 S., EUR 19.90 (ISBN 3-534-17440-2)

Es ist zweifelsfrei als Desiderat angezeigt: Christlicher Glaube bedarf im Zeitalter der Naturwissenschaften besonderer Vermittlung, hat sich doch das Verhältnis beider im Laufe der letzten beiden Jahrhunderte als alles andere als entspannt dargestellt. Und wer wäre für einen Entspannung und einen Glaube(n) im Zeitalter der Naturwissenschaften besser geeignet als ein Naturwissenschafter (Atomphysiker) der zugleich evangelischer Theologe ist.

Die auf einem solchen Buch ruhenden Erwartungen sind naturgemäß hoch, mit Blick auf die bereits am Markt etablierten Autoren vor allem aus dem angelsächsischen Kultur- und Sprachraum (Peacocke/ Polkinghorne) noch einmal gesteigert.

In seiner Zielsetzung ist das Buch darauf angelegt, den Jetzt-Menschen ein Gottesbild "herzuleiten" [67], das gleichermaßen zeitgemäß wie ansprechend sein will [9]. Angesichts der schwindenden gesellschaftlichen Relevanz christlichen Denkens und christlicher Werte, die er nicht zuletzt mit der mangelnden Akzeptanz unseres hergebrachten Gottesbildes in Verbindung bringt, setzt der Autor ausdrücklich auf eine Neudefinition Gottes, "wie dies ja auch schon früher, d.h. vor der Erklärung der Bibel zur einzigen Richtschnur für den Glauben und vor der Dogmatisierung von Glaubensinhalten immer wieder geschehen" sei [10]. Als entscheidendes Kriterium für das Gelingen oder Scheitern der Unternehmung wird dabei die "Widerspruchsfreiheit" [145] von Gottes- und Weltbild eingefordert. Dementsprechend konzentrieren sich die ersten Kapitel auf einen Aufweis der Dringlichkeit notwendiger Aktualisierung des Glaubens in der Spannung von Gottesbild und heutigen menschlichen Erfahrungen (Kap. 2), der Interdependenz von Weltbild und Gottesbild in biblischer Zeit (Kap. 3) und der prinzipiellen Möglichkeit eines Wandels im Gottesbild (Kap. 4), der ins Recht gesetzt werde durch Vielfalt und Wandel der biblischen Gottesbilder. Ein Anknüpfen oder zur Sprache bringen dieser biblischen Gottesbilder scheint der Autor weitgehend abzulehnen, seien die biblischen Gottesbilder doch so sehr weltanschaulich gebunden, dass sie "ihre Bedeutung in einem anderen Kontext verfehlen" würden [34] (Bsp: "König, Vater, Richter, Hirte etc." [69]). Damit ist sowohl die Leistung der Exegese auf ihren Platz verwiesen als auch das Potential metaphorischen und symbolischen Denkens konterkariert.

Mit klarem Blick macht sich der Autor ab Kapitel 5 daran, die tragenden Säulen unsres aktuellen Weltbildes in ihrem Konsens herauszuarbeiten. Zu Grunde gelegt wird dabei die evolutionäre Betrachtungsweise, deren Dominanz Stadelmann in den Bereichen Kosmologie, Anthropisches Prinzip, Biologie und schließlich auch der Evolution des Geistes respektive der Kultur übersichtlich werden lässt. Spätestens mit der Evolution des Geistes kristallisiert sich heraus, dass neben dem Prinzip von "trial and error" noch ein weiteres Prinzip anzunehmen ist: "Die Evolution kann nichts hervorbringen, was nicht schon von allem Anfang in der Welt, sei es in Naturgesetzen oder in besonderen Eigenschaften der Energie/Materie oder des unmittelbaren Umfelds, zumindest als Potentialität vorhanden gewesen wäre."[54] Das Prinzip, das spätestens am/im Hirn sich bricht, ist ein "geistiges Prinzip" [55] - genannt: "kosmischer Geist" [passim]. Den Evolutionsprozess wertet Stadelmann dabei als ein Selbstverwirklichungs- bzw. Inkarnationsgeschehen [69] des kosmischen Geistes. Auf einer niedrigen Stufe wirke der kosmische Geist gewissermaßen die evolutiven Prozesse kreativ begleitend; im Sinne der Neuro-Evolution, insbesondere beim Mensch schließlich, komme das Universum zu der Fähigkeit, "über sich selbst zu reflektieren". [62] In den kosmologischen Anfang verlagert und der Materie dialektisch drängt der kosmische Geist gewissermaßen auch zu einer "monistischen" Lösung des Problems um das "Verhältnis von Geist und Materie" [Kursivierung im Original, 58].

Mit dem sechsten Kapitel beginnt der Autor schließlich Weltbild und Theologie ineinander zu arbeiten: In prononcierter Absetzung vom Offenbarungsdenken der Dialektischen Theologie Barthscher Prägung und der gleichzeitigen Betonung der auch erkenntnistheoretisch gültigen monistischen Einheit von Geist und Materie/Energie setzt er die "Natürliche Theologie" in den leistungsfähigen Stand der Gotteserkenntnis (auch Kap. 7). Damit schreibt Stadelmann eine doppelte Erkenntnisordnung verbindlich fest: Gotteserkenntnis auf wissenschaftlichem und intuitiv-mystischem Wege seien einander komplementär, da sie letztlich "dieselbe Realität und damit denselben Geist2 enthüllten. [67] Indem auf diese Weise die "Extrapolationen" [74] für das Gottesbild über das Prinzip "Weltgeist" [65f.; 138] inauguriert werden, hat sich letzteres in seinen Grundbestandteilen lange genug angekündigt und konsequent vorbereitet: Der Autor plädiert für einen panentheistischen [73] Gott, der einerseits zwar immer noch als der Welt transzendent, andererseits aber auch derart immanent zu denken sei, dass er sich als kreative Potentialität in der Welt zunehmend konkretisiere und dabei gleichzeitig als "werdender Gott" [80; 93] selbst evolviere. Zur Etablierung dieses evolutionären Paradigmas setzt der Autor nun nicht allein auf die Marginalisierung von Anthropomorphismen, sondern auch auf ein gründliche Entmythologisierung. In die Liste des Mythologischen und Unzeitgemäßen gehören demnach das "mythologische Bild eines dreieinigen Gottes (Trinität)2 [94 u.ö.], mit Einschränkung auch das Personsein Gottes [97f.] und ganz unzweifelhaft der "Christusmythos" [118] (Kap. 10) nebst seiner Mythologisierung in patristischer Zeit. An seine Stelle tritt im Einklang mit dem neuen Weltbild die "Mutationsmetaphorik", wonach Jesus ein besonders an die zentrale Wirklichkeit Gott angepasster Evolutionsschritt [121] bzw. "Anpassungsstruktur" [123] oder "Quantensprung" darstelle. In ähnlicher Lesart werden weitere christliche Glaubensbestände durchmustert und aktualisiert (Kap. 11). Eine Applikation auf den Lebenssinn und die Ethik (Kap. 9), sowie die abschließende Schlussbetrachtung (Kap. 12) lassen die Ausführungen des Autors insgesamt als rund und in sich geschlossen erscheinen.

Die Stärken des Buches liegen in der allgemeinverständlichen und guten Darstellungsfähigkeit komplexer naturwissenschaftlicher Sachverhalte, dem Bewusstsein für die Dringlichkeit von denkbaren Gottesbildern, dem klaren Blick für die andernfalls gegebene Gefahr des Abgleitens in Fundamentalismen und das konsequente Auslegen und Ringen um "Glaubwürdigkeit beim 'Mann und der Frau auf der Straße'" [145]. Es muss jedoch auch gesehen werden, dass der vornehmliche und erste Sitz im Leben von Gottesbildern der bestimmte kultische und metaphorische Kontext einer religiösen Glaubensgemeinschaft ist und Gottesbilder daher den Reflex einer ebenfalls bestimmten Pragmatik und Semantik religiösen Sprachgebrauches darstellen. Hier gilt es die jeweiligen Regeln einzuhalten und nicht zwei Bildebenen, das die Alterität Gottes schützende Gottesbild und das die erfahrungswissenschaftlichen und lebensalltäglichen Plausibilitäten unserer Lebenswelt bildende Weltbild zu einem Höchstmaß an Deckungsgleichheit zu bringen. Weiterhin sollte beachtet werden, dass Gottesbilder nicht allein in diachroner Abfolge existieren, sondern durchaus synchron nebeneinander bestehen. Die Pluralität synchron vorhandener Gottesbilder entspricht dabei gerade dem Symbol- und Bildcharakter religiösen Denkens. Die Reduzierung auf lediglich ein einziges gültiges Gottesbild lässt schließlich die Frage wach werden, wie sinnvoll es wohl sein kann, Gottesbilder gegeneinander auszuspielen oder mit dem Stigma "Mythos" schlechterdings auszumustern, wie im Falle der Trinitätstheologie geschehen. Hier hätte es sich als wegweisende Form der Aktualisierung im Gottesbild ausgewirkt, den philosophischen Gehalt trinitarischen Denkens, die trinitarische Ontologie, zu heben und gerade einmal in entgegengesetzter Richtung den Naturprozess vom dynamischen Gottesbild her zu bebildern.

Das vorliegende Buch markiert eine ganze Reihe von Trends, mit denen man sich zukünftig verstärkt beschäftigen wird: Evolutionäre Erkenntnistheorie, das wiedererwachte Interesse am Monismus, der Panentheismus, das Betreiben von Metaphysik ohne Metaphysik und dergleichen mehr. Insofern bietet es einen guten Einstieg in die Thematik, die theologischen Inhalte sind - nicht zuletzt durch den Mangel an erkenntnistheoretischer Sensibilität - kritisch zu wägen und keineswegs unwidersprochen.

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Nethöfel, Wolfgang / Tiedemann, Paul: Internet für Theologen: Eine praxisorientierte Einführung

Nethöfel, Wolfgang / Tiedemann, Paul: Internet für Theologen: Eine praxisorientierte Einführung.- Darmstadt: Primus Verlag. 1999. 152 S. DM 34,00 (ISBN 3-89678-109-X)

Das Buch stellt eine wertvolle Hilfe für Theologen, welche die Relevanz des Internets für Ihre theologische oder religionspädagogische Arbeit kennenlernen wollen, zur Verfügung. Es erleichtert jenen, die an systematische Arbeit gewohnt sind, den Einstieg ins Netz und zeigt ihnen im ersten Teil des Buches die notwendigen Hilfsmittel, angefangen von der Computerausstattung bis zu den möglichen Zugängen zum Internet auf. Anschließend werden Dienste des Internet genau vorgestellt. Hier kann der bisher skeptische Theologe erfahren, wie wichtig Emailkontakte (elektronische Briefe) zu Kollegen/innen, Mailing-lists (Information über Neues aus Theologie und Kirche) und theologische oder religionspädagogische Newsgroups (Diskussionsforen) auch für seine Arbeit sein können und wie er den Umgang damit lernen kann.

Für die Nichtsystematiker, die sich nach dem Motto von Boris Becker "Ich bin schon drin" ins Netz einwählen, wird eher der zweite Teil des Buches interessant sein, in dem der an der Marburger Universität lehrende evangelische Sozialethiker Wolfgang Nethöfel wichtige Internetadressen für Theologen übersichtlich vorstellt.

Man erfährt hier, dass die Universität Karlsruhe in ihrer Virtuellen Bibliothek einen umfangreichen Katalog von Links (Verweise auf bedeutende Fundstellen für Texte und Inhalte mit Internetadressen) zur katholischen und evangelischen Theologie sowie Religionslehre zusammengestellt hat. Nach Auffassung der Autoren ist die Seite "Katholische Theologie - Religionslehre" die wichtigste Einstiegsadresse für theologische Recherchen im Internet: http://www.uni-karlsruhe.de/Outerspace/VirtualLibrary/282.de.html

Die entsprechende evangelische Webseite findet man unter: http://www.uni-karlsruhe.de/Outerspace/VirtualLibrary/284.de.html

Es folgt eine umfangreiche Sammlung von Internetadressen. Diese Sammlung ist wie folgt gegliedert:

* Link-Listen
* Theologische Literatur
* Zeitschriften
* Quellen
* Altes Testament
* Neues Testament
* Religionswissenschaft
* Kirchengeschichte
* Systematische Theologie
* Theologische Ethik
* Praktische Theologie
* Kirchen
* Mailboxen und Mailing Lists, Newsgroups, Discussion- und Chatgroups, Pinnwände...
* Suchmaschinen

Folgt der theologische Surfer nun all diesen vorgeschlagenen Links, wird er immer wieder auf neue Verweise stoßen. Tage- und nächtelang kann er sich ein Bild davon machen, wie die verschiedenen Religionen und Konfessionen, die Kirchen, Theologische Fachbereiche der Universitäten und auch die Religionspädagogik mittlerweile weltweit im Netz vertreten sind. Von hier aus gibt es auch viele gut gestaltete private Seiten von Professoren, Studenten und Religionslehrern zu entdecken. Auch der theologische Surfer kann hiervon schon internetsüchtig werden. Für den noch weniger interneterfahrenen Religionspädagogen sind allerdings noch weitere Hinweise über das Buch hinaus notwendig, da die Autoren doch mehr an der Darstellung der Wissenschaft interessiert sind als an der konkreten Schulproblematik.

Im Schlussteil gibt der Koautor Paul Tiedemann Informationen zum Publizieren im Internet mit einer Einführung in das Format einer World Wide Website und in deren Programmiersprache HTML. Da es aber mittlerweile einfach zu bedienende und auch komfortable Programme zur Veröffentlichung im Netz gibt, sind diese Informationen zwar für Systematiker interessant, aber nicht unbedingt für die Praxis notwendig.

Im Zeitalter der informationstechnischen Revolution sei darauf hingewiesen, dass jedes Buch über Computer und Internet in vielen Passagen schon nach einigen Monaten überholt ist. Diesem Umstand haben die Autoren Rechnung getragen, indem sie auf Seite 142 des Buches auf einen elektronischen Anhang verweisen, der wichtige Hilfsmittel wie das Herunterladen von Internet-Software vermittelt, aber auch eine ständige Fortschreibung der theologischen Link-Listen auf der Homepage des Hauptautors zur Verfügung stellt:

http://staff-www.uni-marburg.de/~nethoefe/ .

Empfehlenswert ist die Lektüre des Buches für die Theologen/innen und Religionspädagogen/innen, welche die ersten Schritte ins Internet unternehmen wollen - mit der Einschränkung, dass manche Details durch neuere Informationsquellen (periodisch erscheinende Fachzeitschriften und Informationen aus dem Netz selbst) ergänzt werden müssen. Für die bereits interneterfahrenen Religionslehrer/innen ist die Veröffentlichung eine systematische Ergänzung ihrer Arbeit, eine Möglichkeit sich über den Fortschritt in der Webpräsenz der theologischen Fachbereiche zu informieren. Besonders hilfreich ist hier auch die Einführung in die Online-Recherche der Kataloge der Universitätsbibliotheken, auf die in diesem Buch ausführlich eingegangen wird. So kann man das vorliegende Buch, ohne einen Schritt vom Schreibtisch weggehen zu müssen, in einem Online-Buchshop kaufen, man kann es sich aber auch zu einem bestimmten Zeitpunkt per Internet in einen vorher ausgewählten Lesesaal der Frankfurter Universitätsbibliothek (Signatur: 86.647.70) bestellen oder, wenn man es lieber südlich des Mains in etwas beschaulicherer Klosteratmosphäre lesen möchte, dort ist es in der Präsenzbibliothek von Sankt Georgen unter der Signatur Fl III 115 vorhanden.

Zu gleichen Ergebnissen müsste man für andere Universitätsorte oder Stadtbibliotheken kommen, deren Kataloge mittlerweile im World Wide Web veröffentlicht sind.

Der religionspädagogische Praktiker braucht für seine Unterrichtsgestaltung allerdings noch gezieltere Informationen beispielsweise durch Newsletters (Kurzberichte über Neuigkeiten des Unterrichtsfaches mit entsprechenden Links, kann man abonnieren) für Lehrer und Religionspädagogen, die es mittlerweile auch schon im Netz gibt. Auch hier wird der theologisch interessierte Internetfreak durch ein paar Mausklicks fündig, wenn er die neugestaltete Internetseite des Autors mit vielen weiterführenden Links besucht: Dieser hat inzwischen durch Unterstützung seiner Mitarbeiter auch die erste deutschsprachige theologische Internetzeitschrift "theologia.deutsch" ins Netz gestellt: http://www.theologia.de/

Ich wünsche Ihnen also viel Spaß beim Lesen und Surfen!

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Eckert, Michael / Eilert, Herms / Hilberath, Bernd Jochen / Jüngel, Eberhard (Hg.): Lexikon der theologischen Werke

Eckert, Michael / Eilert, Herms / Hilberath, Bernd Jochen / Jüngel, Eberhard (Hg.): Lexikon der theologischen Werke - Stuttgart: A. Kröner Verlag. 2003. XXIX, 849 S., EUR 58.00 (ISBN 3-520-49301-2)

Das Lexikon der theologischen Werke füllt eine Lücke. Auf ein solches Nachschlagewerk hat man im Grunde schon lange gewartet. - In dem von zwei evangelischen und zwei katholischen Theologen der Universität Tübingen, und damit in ökumenischer Gemeinschaft herausgegebenen Werk besprechen, auf über 800 Seiten, rund 250 namhafte Autoren über tausend Titel aus der theologischen Literatur, vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, (zeitlich) angefangen bei der (Zwölf)Apostellehre = Didaché (S. 228) über Justins Apologie (S. 35), die Confessiones des Augustinus (S. 124), Luthers 95 Thesen (S. 238), Hefeles voluminöse Conziliengeschichte (S. 120), Harnacks Dogmengeschichte (S. 458), Schleiermachers Traktat über die Religionen (S. 701) und Weltes Religionsphilosophie bis zu Drewermanns Struktur des Bösen (S. 609). Das Verzeichnis der aus beiden Konfessionen stammenden Mitarbeiter, durchweg Spezialisten, ist länger als sechs Seiten, enthält viele bekannte Namen und liest sich wie ein theologisches Who is Who.

Aber nicht nur zeitlich, auch räumlich ist das Spektrum großzügig angelegt. Neben Werken aus dem griechischen und dem lateinischen Sprachraum finden wir solche aus dem deutschen, französischen, englischen, ja selbst aus einem so kleinen wie dem niederländischen. Insgesamt liegt der Auswahlschwerpunkt auf der katholischen und protestantischen Theologie in Europa. Die Bücher/Werke werden, ihrem Titel entsprechend, in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt, wobei jeweils das erste Wort den Ausschlag für seine Platzierung gibt. So finden wir unter dem Stichwort Apologia oder Apologie sowohl die von Justin dem Märtyrer als auch Melanchtons Apologie der Confessio Augustana.

Unter dem Anfangswort "De" geht es von De arte bene moriendi (S. 140) über De mortibus persecutorum (S. 186) bis hin zu De votis monasticis iudicium (S. 225). Allein die verschiedenen Titel "De trinitate" reichen von S. 208-212. - Ähnliches gilt für das Stichwort Summa oder Summe. Unter ihm finden sich die theologischen Summen des Mittelalters: Albertus Magnus und Thomas von Aquin seien hier stellvertretend genannt. Hilfreich für den weniger kundigen Leser sind auch generelle Erklärungen. So werden auf mehreren Seiten (S. 682-688) die Summenliteratur und die Summenkommentare des Mittelalters vorgestellt bzw. charakterisiert.

Für diejenigen, die einen Buchtitel nur ungenau kennen, wohl aber den Autor, gibt es ein, wiederum alphabetisch geordnetes, Verzeichnis der Autoren, deren Bücher im Lexikon besprochen werden. Hinter dem Autorennamen sind die Seitenzahlen der vorgestellten Bücher vermerkt, so dass man alle besprochenen Werke eines Autors, auch wenn sie über das Lexikon verstreut sind, schnell und problemlos finden kann.

Die einzelnen Artikel enthalten eine kurze und prägnante Inhaltsangabe, dazu eine Charakterisierung, aus der Aufbau und Zentralgedanke des Werkes hervorgehen, sowie Hinweise zur Wirkungsgeschichte eventuell auch über die kontrovers verlaufene Rezeption.

Das vorliegende Lexikon ist insofern besonders wertvoll, als bei der ständig steigenden Fülle der theologischen Literatur kaum noch jemand in der Lage ist, alle hier vorgestellten Bücher und Schriften auch nur ansatzweise zu lesen. Mit Hilfe des Lexikons kann man sich einen Inhalt und Bedeutung betreffenden Überblick verschaffen und daraufhin, seinen Neigungen entsprechend, seine Leseauswahl treffen. Letzteres ist ganz im Sinne des hier vorgestellten Werkes bzw. seiner Herausgeber, denn nach der im Klappentext veröffentlichten Intention sollen die gerafften Informationen keineswegs vom Lesen der in Frage kommenden Werke abhalten, sondern zu deren (anschließender) Lektüre geradezu animieren. Dieses Lexikon sollte in keiner theologischen Bibliothek fehlen, - dies gilt nicht nur für die öffentliche, sondern auch für die private.

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Schweitzer, Friedrich: Das Recht des Kindes auf Religion. Ermutigungen für Eltern und Erzieher

Schweitzer, Friedrich: Das Recht des Kindes auf Religion. Ermutigungen für Eltern und Erzieher. - Gütersloh: Chr. Kaiser / Gütersloher Verlagshaus. 2000. 142 S., € 14,95(ISBN 3-579-02300-4)

"Müssen Kinder brauchen?", so beginnt die Überschrift des zweiten Kapitels (S. 23); sie wird untermauert durch die im ersten Kapitel bereits angesprochene und hier an den Anfang gestellte Frage: "Brauchen Kinder Religion?" Diese Frage erinnert den Rezensenten an einen vor einigen Jahren in der FAZ erschienenen Leitartikel, in dem es lapidar hieß: "Nichts braucht der Mensch so notwendig, wie ab und zu ein wenig Luxus." Der Autor des Artikels räumt anschließend ein, dass seine Behauptung auf den ersten Blick provokant, wenn nicht sogar unsinnig klinge, dass er sie aber bewusst so formuliert habe, denn ein Mensch, der nur das zum Überleben gerade Notwendige erhalte, würde verkümmern. Nicht von ungefähr gäbe es seit unvordenklichen Zeiten den Schmuck, der weder wärme, noch schütze, noch nähre.

Auch wenn man Luxus, Schmuck und Religion auf keinen Fall gleichsetzen kann, so haben sie doch eines gemeinsam: Sie werden von Puristen der verschiedensten Kategorien samt und sonders für unnütz gehalten. Unter diesem Gesichtspunkt ist es alle Anerkennung wert, dass der Autor sich dieser Frage annimmt und sie eindeutig mit Ja beantwortet. Dabei macht er es sich keineswegs leicht. Er weiß um die Befindlichkeit vieler Erwachsener, denen die berühmten Kinderfragen nach Gott und der Welt - besonders wenn sie vor Zuhörern gestellt werden - ausgesprochen peinlich sind. Dafür wird die heutige Elterngeneration aber keineswegs gescholten: Verständnisvoll und einfühlsam wird darauf verwiesen, dass die Situation, einerlei ob Kriegs- oder Nachkriegssituation, in der der jetzt lebende Erwachsene groß geworden ist, den Kindern von heute nicht mehr vermittelt werden kann. Noch schwerer wiegt der Wandel im Erziehungsstil, Erziehungsideal und Gottesbild.

Durch all die oben genannten und weitere, für die religiöse Erziehung nicht gerade günstigen Faktoren lässt sich der Autor jedoch nicht entmutigen, im Gegenteil, sein Buch ist, wie im Untertitel angekündigt, eine Ermutigung für Eltern und Erzieher, und nicht nur für sie, sondern auch für unsere Politiker. Unter Hinweis auf das 20. Jahrhundert, das zum Jahrhundert des Kindes werden sollte, und die 1989 verabschiedete Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen erklärt er, dass diese von vielen Staaten unterzeichnete Konvention eindeutig zur Vergrößerung und Garantie der Kinderrechte beigetragen habe; u. a. hätten sich die Unterzeichnerstaaten zum Recht des Kindes auf Bildung und die Entfaltung seiner Persönlichkeit bekannt. Der Autor verkennt nicht, dass die Politiker hier schon viel geleistet haben, er macht sie aber darauf aufmerksam, dass wenigstens ein wichtiges Recht noch fehle, nämlich das Recht des Kindes auf Religion als Bildungsrecht und definiert dies als bleibende Jahrhundertaufgabe.

Für Eltern, Erzieher, vor allem Religionslehrer, aber auch für Politiker sollte dieses Buch Pflichtlektüre sein; für Jugendliche ist es sicherlich ausgesprochen lesenswert.

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Ein guter Gott, der leiden lässt.; Materialien zur Bearbeitung der Theodizeefrage im Religionsunterricht der Sekundarstufe II. Mit einer Schüle


Kessler, Hans / Verweyen-Hackmann, Edith / Weber, Bernd: Ein guter Gott, der leiden lässt. – Materialien zur Bearbeitung der Theodizeefrage im Religionsunterricht der Sekundarstufe II. Mit einer Schülerausgabe der Ganzschrift von Hans Kessler: Gott und das Leid seiner Schöpfung (religionsunterricht konkret 6). – Kevelaer: Verlag Butzon & Bercker. 2004. 64 S., 1 Farbtaf., DIN A 4., € 22.00 (ISBN 3-7666-0572-0)



„Alle theologischen Antwortversuche sind von vorneherein nicht so zu verstehen als wäre DIE Antwort möglich.“ Dieser Kernsatz aus der Einführung des zu besprechenden Bandes gibt eine grundlegende Schwierigkeit an bei der Bearbeitung der Theodizeefrage. Die Bandbreite der behandelten Themen bewegt sich zwischen den beiden Polen: „Die einzige Entschuldigung Gottes (für das Leid) ist, dass er nicht existiert.“ (Stendhal) und: „hinreichend gute Gründe dafür ins Feld zu führen, dass die Argumente gegen die Vereinbarkeit von Gottesglauben und geschichtlicher Leiderfahrung nicht derart zwingend sind, dass der Glaube völlig sprachlos ist ...“ Die sehr gründliche Einführung geht umfassend auf alle möglichen Probleme und Schwierigkeiten ein, die bei der Arbeit mit der Theodizeefrage im Unterricht auftauchen und auftauchen können. So ist es ganz besonders wichtig, auf die jeweilige Situation der Klasse/des Kurses Rücksicht zu nehmen. Das erfordert einen weiten Spielraum für den Religionspädagogen. Der Materialteil trägt dem Rechnung. Zusätzliche Medien (z.B. Filme), Hinweise, Arbeitstechniken, Aufgabenstellungen erleichtern die Arbeit. Als hilfreich kann sich auch erweisen ein Überblick über mögliche Unterrichtseinheiten (S. 20), die Formulierung einer Gesamtzielsetzung (sieben Punkte) und die Angabe von Mindestanforderungen an die Klasse/den Kurs (acht Punkte). Neu ist nicht nur der Hinweis auf den möglichen Einsatz von „Ganzschriften“, wie dies inzwischen auch schon in Lehrplänen vorgesehen ist. Neu ist ein eigenes Kapitel: Zum Umgang mit Ganzschriften im Religionsunterricht der Sek. II. Nach einer möglichen Definition über Ganzschriften folgen zehn konkrete Vorschläge an solchen Schriften, die für den Einsatz im Unterricht geeignet erscheinen. Näher eingegangen wird auf: „Die Pest“ von Camus als literarisches Exempel und auf: „Gott und das Leid seiner Schöpfung“ von dem Frankfurter Theologieprofessor Hans Kessler als systematisch-theologisches Exempel. Letztere Schrift ist als Schülerausgabe in das Materialheft aufgenommen. Dies erweitert erheblich den Umfang des Heftes, ist aber letzt-endlich zu begrüßen, da sich damit eine zusätzliche Anschaffung des Textes erübrigt. Neben den vielen guten Arbeitshilfen ist vor allem die inhaltliche Vielfalt eine wahre Fundgrube. In der Praxis wird man eine gezielt Auswahl treffen müssen. Auf jeden Fall lohnt sich aber zum persönlichen Nutzen eine gründliche Lektüre der Inhalte.


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Akzente Religion 2. Methodenhandbuch. Wegweisungen – Auf der Suche nach gelingendem Leben.

Akzente Religion 2. Methodenhandbuch. Wegweisungen - Auf der Suche nach gelingendem Leben. Erarb. v. Georg Bubolz unter Mitwirkung v. Karl-Heinz Minz. - Düsseldorf: Patmos Verlag. 2003. 200 S., € 18.00 (ISBN 3-491-78483-2)



Mit "Methodenhandbuch Wegweisungen" ist inzwischen ein weiterer Band zu dem Gesamtwerk: "Akzente Religion" erschienen. (Vgl. dazu Rezension in INFO 2/2002, S. 128) Wie schon zu Band 1 (Zwischen Sintflut und Regenbogen) gesagt, beziehen sich die im Methodenhandbuch angebotenen Informationen vor allem auf Hintergrundwissen, z.B. über die Person des jeweiligen Autors/der jeweiligen Autorin oder Künstlers/ Künstlerin in den für die Hand der Schülerinnen und Schüler gedachten Materialbänden. Die Verfasser haben sehr sorgfältig recherchiert, auch wenn bisweilen "sichere Informationen ... nicht eruiert werden" konnten. In den meisten Fällen liegen recht gute und ausreichende Angaben über die Autoren oder Künstler vor, nicht nur zur Biografie, sondern auch zum Gesamtwerk. So kann das angegebene Kunstwerk oder der aufgeführte Text(auszug) besser in den Zusammenhang eingeordnet und die Interpretation erleichtert werden. Besonders sorgfältig sind die bildlichen Darstellungen erklärt. Dies ist dann vor allem wichtig, wenn sich der Sinn der Darstellung nicht gleich auf den ersten Blick erschließt oder wenn nötiges Hintergrundwissen nicht immer in ausreichendem Maße präsent ist, bisweilen aber auch dann, wenn statt der farblichen eine schwarz-weiße Wiedergabe vorliegt. Als Beispiel sei das Bild von Edward Munch "Melancholie" genannt, das sehr stark von Farben für das Verständnis bestimmt ist. oder als zweites Beispiel: Marc Chagall: "Moses empfängt die Gesetzestafeln". Bei vertiefender Behandlung solcher Materialien empfehlen die Autoren, "eine bessere - möglichst farbige - Reproduktion des Bildes bereit zu stellen." Dem kann nur zugestimmt werden. Neben den Anregungen zur Interpretation sind sehr viele methodische Hinweise beigefügt. Und wo es angebracht erscheint, findet man Zusatztexte. Aber nicht nur diese ermöglichen eine intensivere Behandlung einzelner Themen. Beide Methodenhandbücher, Zwischen Sintflut und Regenbogen, sowie Wegweisungen schließen mit einem Vorschlag, der nicht gerade ein zentrales Anliegen artikuliert. Es geht um "Hinweise zur Anbindung von Lektüren an die Reihe AKZENTE RELIGION." Klar, in der Regel werden "nur in kleinen Einheiten Ausschnitte verschiedener Autoren gelesen." Dies gilt natürlich auch für AKZENTE RELIGION. Schon im bereits erschienenen Methodenhandbuch: Grundlagen - Sequenzen - Klausuren ist auf den Umgang mit "Ganzschriften" eingegangen worden. In Lehrplänen für den evangelischen Religionsunterricht sind Ganzschriften expressis verbis vorgesehen und auch einige Schriften konkret angegeben. In katholischen Lehrplänen werden sie "nur" empfohlen. Um diesem Anliegen verstärkt Rechnung zu tragen, sind "Lektüren, die mit AKZENTE RELIGION verzahnt sind", in Planung oder liegen bereits als Beispiel für Band 1 (Günter Grass: Die Rättin) und Band 2 (Isaac Bashevis Singer: Der Golem) vor einschließlich praktischer Anknüpfungspunkte für die Besprechung im Religionsunterricht. Man darf gespannt auf die noch fehlenden zwei Methodenhandbücher und die geplante Herausgabe von geeigneten Ganzschriften sein.



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Küng, Hans: Der Anfang aller Dinge. Naturwissenschaft und Religion

Küng, Hans: Der Anfang aller Dinge. Naturwissenschaft und Religion. - München-Zürich: Piper Verlag. 4. Aufl. 2005. 247 S., € 18.90 (ISBN: 3-492-04787-4)

Hans Küng gelingt mit seinem Buch ein guter erster Überblick über das komplizierte Geflecht der gegenwärtigen Diskussionslage von Naturwissenschaft und Theologie. Ohne sich in Details zu verlieren, bietet er einen kenntnisreichen Gang durch einige der wichtigsten Gesprächsgebiete. Dabei kann man schon von der handbuchartigen Anlage des Buches her keine innovativen Impulse erwarten. Dafür bietet Küng einen äußerst gut verständlichen, essayartig geschriebenen Überblick. Er greift öfters auf eigene ältere Beiträge zurück, schreibt seine bekannten Positionen aber unter Einbeziehung aktueller Debattenbeiträge v.a. auch aus dem englischsprachigen Raum fort und bündelt sie in übersichtlicher Weise.

Insgesamt setzt Küng in seinen Überlegungen auf einen kritisch-konstruktiven Dialog mit den Forschungsergebnissen der Naturwissenschaften, in dem der je eigene Zugang von Theologie und Naturwissenschaft gewahrt bleibt, "in dem man jedoch in gegenseitiger Befragung und Bereicherung der Wirklichkeit als ganzer in allen ihren Dimensionen gerecht zu werden versucht" (57). Wie so oft in seinen Schriften bemüht sich Küng auf diese Weise um die Versöhnung von Rationalität und christlichem Glauben und nimmt einmal mehr den Gestus des kirchenkritischen Aufklärers ein. Inhaltlich bewegt er sich aber durchweg im katholischen Mainstream und bräuchte sich keine Sorgen zu machen, mit diesem Buch auf irgendeinem römischen Index zu landen.

Gegliedert ist Küngs Werk in fünf große Abschnitte. Im ersten Abschnitt Eine vereinheitlichte Theorie für alles? (15-58) geht er v.a. Grundlegungsfragen nach und bietet neben einer knappen Darlegung des Grundlagenstreits in der Mathematik, eine Würdigung der Bemühungen der Physik, dem Rätsel der Wirklichkeit auf die Spur zu kommen und es in einer Weltformel zu durchdenken. Im zweiten Kapitel Gott als Anfang? (59-101) geht Küng nach etwas langatmiger Rekapitulation bekannter Positionen aus Existiert Gott? auf die neuere Diskussion um die kosmische Feinabstimmung ein, ohne dabei allerdings alle theologischen Anwendungsmöglichkeiten (wie z.B. im Rahmen der neueren Theodizeedebatte) dieser Diskussion im Auge zu haben. Danach versucht Küng im dritten Abschnitt Weltschöpfung oder Evolution? (102-146) in der (Kardinal Schönborn zum Trotz) weithin üblichen Weise deutlich zu machen, dass und wie sich der christliche Schöpfungsgedanke mit dem Evolutionsdenken zusammenbringen lässt. Das vierte Kapitel Leben im Kosmos (147-179) geht der Frage nach der Entstehung menschlichen Lebens nach und geht dabei auf die interessanten Diskussionen um das Wirken Gottes in der Welt ein. Im fünften Kapitel schließlich, Der Anfang der Menschheit (180-217), bemüht sich Küng um einen Überblick über die Debatte um physische und psychische Entwicklung des Menschen, gibt eine kompetente Einordnung der Hirnforschungsdebatte und geht auf diachrone und synchrone Ähnlichkeiten im Bereich des menschlichen Ethos ein. Ein Epilog über Das Ende aller Dinge (218-226), in dem er sich kritisch mit dem Missbrauch apokalyptischer Bilder auseinandersetzt, rundet Küngs Durchgang ab. Bemerkenswert sind dabei die an Pascals Wette orientierten letzten Bemerkungen zur Rationalität des Gottesglaubens, die Küng als Person sichtbar machen und andeuten, was ein Sterben ins Licht hinein bedeuten kann.

Nicht immer erschließt sich einem die Art der Gliederung der einzelnen Unterabschnitte, da bestimmte naturwissenschaftlich naheliegende Querverbindungen nicht gezogen werden. Die einzelnen Kapitel des Buches kann man durchaus auch unabhängig voneinander lesen. Entsprechend lässt sich das Buch auch (trotz der leider fehlenden Register) gut als Nachschlagewerk nutzen, um sich gezielt über die ein oder andere Debatte zu informieren, zumal die Anmerkungen so gehalten sind, dass sie eine gründlichere Einarbeitung ermöglichen. In erster Linie sei das Buch allen ans Herz gelegt, die die Debatten zwischen Naturwissenschaft und Theologie der letzten Jahre nicht genau verfolgt haben und einen Überblick suchen, der sie kompetent an den status quaestionis heranführt.

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Lütz, Manfred: Der blockierte Riese. Psycho-Analyse der katholischen Kirche

Lütz, Manfred: Der blockierte Riese. Psycho-Analyse der katholischen Kirche. - München: Pattloch Verlag. 1999. 208 S., € 8.90 (ISBN 3-629-00673-6) - Als Taschenbuch bei Droemer Knaur, München. 288 S., € 8.90 (ISBN 3-426-77534-4)

Viele theologisch wichtige Aussagen der Vergangenheit wurden nicht von Berufstheologen gemacht, sondern von Menschen, die sich in der Theologie zwar bestens auskannten, aber einen anderen Beruf ausübten. Man denke hier, um nur einige zu nennen, an die gotischen Baumeister und Bildhauer, an die Maler des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit, oder an die Musiker des Barock. Viele von ihnen haben, ausgehend von ihren Hauptberufen, theologische Sachverhalte tiefer, bleibender und in den meisten Fällen auch verständlicher dargestellt als ihre längst vergessenen, hauptberuflich als Theologen arbeitenden Zeitgenossen.

Wenn man an die gestelzte und gespreizte, oft nur mit Anstrengung zu lesende Theologen-Sprache, vor allem in den kirchenamtlichen Dokumenten denkt - jüngstes Beispiel ist "Dominus Jesus" -, dann ist dieses Buch geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie man, ohne seicht oder flach zu formulieren, kompetent, sachlich und dazu bestens verständlich über seinen Glauben und die katholische Kirche schreiben kann.

Manfred Lütz, im Hauptberuf Chefarzt eines psychiatrischen Krankenhauses, leistet sich die Freiheit, einige der am häufigsten gegen die katholische Kirche erhobenen stereotypen Anklagen - lustfeindlich, frauenfeindlich, undemokratisch etc. - aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, das heißt, er bestreitet das Kritisierte im Prinzip nicht, zeigt aber, dass man es auch aus völlig anderer Perspektive sehen kann und dann auch zu einem anderen Urteil kommt.

Zunächst jedoch vorab ein Wort zu seiner Sprache: Auf der Rückseite des Titelblattes finden wir einen, von ihm als Zitat übernommenen Satz: "Wenn man/frau mit seiner/ihrem Partner/-in zusammenleben will, so wird er/sie zu ihr/ihm in ihre/seine Wohnung ziehen." Dieser Satz ist für ihn ein hinreichender Grund, zu erklären, dass er die einfache Sprache der zwar korrekteren, aber sicherlich unübersichtlicheren vorziehe. Diesem guten Vorsatz bleibt der Verfasser über die gesamten 200 Textseiten hin treu.

Nun zum Perspektivewechsel: Der Mahnruf Jesu: "Meta-noeite", gemeinhin mit "Kehret um" oder "Denket um" übersetzt, wird vom Autor mit "Erkennet um" übersetzt (S. 71) und als Aufforderung betrachtet, einen Perspektivwechsel vorzunehmen bzw. die Dinge einmal aus einem anderen Blickwinkel oder von einem anderen Standort aus zu betrachten. Er erhofft sich davon ähnliche Erfolge wie von einem im Bereich der Psychotherapie bekannten und seit längerem praktizierten Paradigmawechsel.

Um seine These von der Selbstblockade des Riesen zu untermauern, beschreibt er gleich zu Anfang äußerst anschaulich eine, den meisten Katholiken gut vorstellbare und von Insider-Katholiken auch so oder in ähnlicher Form bereits erlebte Szene. Es handelt sich um einen vom Pfarrgemeinderat entsprechend gut vorbereiteten Besuch des Bischofs in der Gemeinde. Für das Gespräch mit ihm wählt man die sattsam bekannten Leib- und Magenthemen: Zölibat, Priestertum der Frau, kirchliche Sexualmoral und römischer Zentralismus, samt und sonders Themen, von denen alle Beteiligten schon im Voraus wissen, dass der Bischof darauf keine befriedigende Antwort geben kann und tatsächlich auch nicht gibt. Entsprechend frustriert sind sowohl die Mitglieder des Pfarrgemeinderats; frustriert ist aber auch der Bischof, der während der Heimfahrt im Dienstwagen zu seinem Fahrer sagt: "Wissen Sie, das war wieder das Gleiche wie in der vorigen Gemeinde, immer die gleichen Themen, aber über die Besonderheiten und Talente dieser Gemeinde habe ich wieder so gut wie nichts erfahren." Der Kommentar des Autors: "Psychologisch nennt man das eine sorgfältig geplante Frustration."

Wie wohltuend und auch befreiend der vom Autor angeratene Perspektivewechsel sein kann, illustriert er anschließend anhand vor vier Beispielen aus der Kirchen- und Dogmengeschichte, wo die Kirche in Gefahr stand, sich selbst zu blockieren: Im sogenannten Gnadenstreit am Ende des 16. Jahrhunderts vertraten vor allem in Spanien Jesuiten und Dominikaner in einer eminent wichtigen Fragestellung solch gegensätzliche Positionen, dass eine, beide Seiten befriedigende Lösung des Konflikts in der Sache unmöglich war. Dennoch wurde der Papst, nicht zuletzt vom spanischen König, immer wieder zu einem, den Streit bereinigenden Machtwort gedrängt. Nach endlosen Beratungen fand das Oberhaupt der Kirche eine, allerdings nur durch Perspektivewechsel mögliche, Lösung. Er erklärte zunächst, dass weder die Jesuiten noch die Dominikaner die ihnen unterstellte Irrlehre verträten, und zweitens, dass beide Parteien, bei Strafe der Exkommunikation, sich in Zukunft gegenseitig nicht mehr der Irrlehre bezichtigen dürften. "Das Geniale an der Entscheidung war (so Lütz S. 92), dass mit dem Mittel der (angedrohten) Verurteilung die Verurteilung verboten wurde. Wer andere nicht toleriert, der sollte selbst nicht toleriert werden." Damit war ein geordnetes Nebeneinander der verschiedenen Auffassungen innerhalb der Kirche möglich und die Selbstblockade aufgehoben.

Wie tolerant die als intolerant gescholtene katholische Kirche war und ist, zeigt der Autor am Beispiel der verschiedenen Ordensgemeinschaften. Trotz ihrer unterschiedlichen theologischen Konzepte und Lebensweisen dürfen sie alle, entsprechend der Regel, unter dem großen Dach der einen Kirche leben. Sie dürfen so ziemlich alles, nur eines dürfen sie nicht, sich selbst für bessere Christen halten als die Mitglieder des anderen Ordens. Lütz nennt dies (S. 94) ein Exklusivitätsverbot und fragt, ob es nicht in einer zunehmend pluralistischen und sogar multikulturellen Gesellschaft zur Lösung auch profaner Probleme dienen könnte.

Ähnlich erfrischend ist es, wenn Lütz sich zum vielgeschmähten Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit äußert und es als "Unfehlbarkeitsverbot" bezeichnet. Auch wenn man zunächst irritiert ist, so muss man ihm doch Recht geben, denn die Lehre des Ersten Vatikanischen Konzils besagt lediglich, dass der Papst, allerdings auch nur er, und auch nur unter ganz bestimmten eng gezogenen Grenzen unfehlbar sei. Wenn man bedenkt, dass von den 1,2 Milliarden Mitgliedern der katholischen Kirche nur eine einzige Person befugt ist, und das noch unter strengsten Auflagen, unfehlbare Äußerungen abzugeben. - N.B.: nur zweimal wurde bislang davon Gebrauch gemacht -, dann ist dies äußerst beruhigend. Im Hinblick auf die vielen, im religiösen und religionsnahen Bereich sich tummelnden, selbsternannten und sich selbst als unfehlbar hinstellenden Gurus kann die oben genannte Regelung dann durchaus und zurecht als Unfehlbarkeitsverbot bezeichnet werden.

Befreiend ist auch sein Kommentar zum Gejammer über das schwere Los der Laien in der katholischen Kirche. Lütz bestreitet gar nicht, dass in einigen Instruktionen des Vatikans eine Reihe von Aufgaben den Priestern vorbehalten wird. Doch wenn man, wie Lütz, die Perspektive wechselt, dann zeigt sich ein völlig anderes Bild. Dann sind es nämlich die Laien, denen wesentlich mehr zugestanden wird als den Priestern, und das betrifft bei weitem nicht nur die Möglichkeit, zu heiraten, sondern das Tätigwerden in allen Bereichen von Wirtschaft und Politik, Bereiche, in den Priestern zu wirken untersagt ist.

Noch viele andere, zunächst überraschende Perspektivewechsel werden dem Leser geboten. Diese wenigen wurden ausgewählt, um zu zeigen, dass es sich lohnt, das Buch selbst in die Hand zu nehmen, zu lesen und am Ende zu überlegen, ob es gerechtfertigt ist, dass ein vom Autor (S. 69) erwähntes Buch den für das Empfinden Vieler provozierenden Titel trägt: "Von der Lust, katholisch zu sein".

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Akzente Religion 3: Methodenhandbuch. Jesus begegnen – Impulse aus dem Evangelium

Bubolz, Georg (Bearb.): Akzente Religion 3: Methodenhandbuch. Jesus begegnen - Impulse aus dem Evangelium. - Düsseldorf: Patmos Verlag. 2005. 192 S., € 18.00. (ISBN 3-491-78484)



Akzente Religion 3; Methodenhandbuch. Jesus begegnen vervollständigt das immerhin auf zehn Bände angelegte Unterrichtswerk für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe II. Dieser Umfang, aber auch die breit gestreute Auswahl an Inhalten gewähren über den hilfreichen Gebrauch im Religionsunterricht hinaus - selbstverständlich muss da eine sinnvolle Auswahl getroffen werden - eine gute, breit gefächerte Informationsgrundlage über alle wichtigen und zeitgemäßen Fragen, Probleme und Entwicklungen in Theologie und Kirche, wobei eine konfessionell gebundene Tendenz nicht erkennbar ist. Die formalen Gesichtspunkte wie Aufbau und Gliederung entsprechen in diesem Band den bisher erschienenen Bänden und sind in der notwendigen Ausführlichkeit bereits bei den Rezensionen zu den anderen Bänden in den "Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer" dargestellt (vgl. INFO 2/2002, S. 128f.; 3/2005, S. 167). Forschungsergebnisse und neue Erkenntnisse, die im Schülerband dargestellt sind und besonders die Person Jesus und seine Zeit betreffen, werden begründet und vertieft. Unbequeme Fragen - Hat Jesus überhaupt gelebt? - und für manche gläubige Christen geradezu provozierende Aussagen - Ostern ist kein historisches Ereignis - werden nicht umgangen.

Ebenso können die Schülerinnen und Schüler verschiedenste bibeltheologische Methoden kennen lernen. An einem Beispiel sei gezeigt, wie wertvoll und unter Umständen auch notwendig die in diesem Band vorliegenden zusätzlichen Informationen sein können. Unter dem Kapitel: "Zugänge zu Jesus - zum Verhältnis von Mythos und Geschichte" ist das berühmt-berüchtigte Gemälde von Max Ernst, "Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind ..." abgebildet im Kontrast zu dem daneben stehenden Gemälde von Stephan Lochner: "Anbetung des Kindes" Diese beiden gegensätzlichen Darstellungen von Maria mit dem Jesusknaben, die im Schülerband kommentarlos angeboten werden, bieten genug Anregung zu lebhaften Erörterungen. Die im Methodenhandbuch vorhandenen weiterführenden Erklärungen allerdings zeigen, wie falsche Interpretationen, die gerade bei vorliegendem Bild durchaus wahrscheinlich sind, vermieden und um wie viel mehr das Verständnis steigen kann, wenn man über das notwendige Hintergrundwissen verfügt. Wer sich das vollständige Werk zulegt - ein Einführungsband, vier Schülerbände, zu jedem Schülerband ein eigenes Methodenhandbuch, ein Band: Zentralabitur - hat eine solide Grundlage für den Religionsunterricht in S II, aber auch ein ungewöhnliches Nachschlagewerk zu allen wichtigen Fragen im Zusammenhang mit Religion, Glaube, Kirche.

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Thonak, Sylvia: Religion in der Jugendforschung. Eine kritische Analyse der Shell-Jugendstudien in religionspädagogischer Absicht

Thonak, Sylvia: Religion in der Jugendforschung. Eine kritische Analyse der Shell-Jugendstudien in religionspädagogischer Absicht (Junge Lebenswelt, Bd. 2) - Münster u.a.: LIT Verlag. 2003. 331 S., EUR 19.90, ISBN 3-8258-6898-2.

Seit über 50 Jahren prägen die Shell-Studien das Bild der Jugend in der öffentlichen Meinung des deutschsprachigen Raums. Wenn es um Befindlichkeiten, Trends und Werte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht, bildet die jeweils aktuelle Shell-Studie eine quasi unantastbare "Zitationsinstanz", die von Politikern ebenso zu Rate gezogen wird wie von Meinungsforschern, Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, Kultusministerien und Kirchen. Die Behauptung ist sicher nicht übertrieben, dass den Shell-Jugendstudien im jugendsoziologischen Bereich eine Art "Nimbus der Unantastbarkeit" anhaftet.

An diesem Nimbus kratzt die hier vorzustellende religionspädagogische Dissertation ganz kräftig. Sie wurde im WS 2002/03 an der Evang.-Theol. Fakultät der Universität Münster (Gutachter: Chr. Grethlein/W. Engemann) eingereicht und nimmt das Thema "Religion" in den letzten drei Shell-Studien unter die Lupe. Dabei kommt die Verf. zu dem interessanten Ergebnis, dass zwar mit den Ergebnissen der Shell-Studien bis heute Jugendpolitik gemacht wird, der Bereich "Religion" innerhalb der Studien aber entweder in hohem Maße vorurteilsbelastet ist oder aber höchst lückenhaft behandelt wird. Wahrnehmung und Darstellung von "Religion" in den letzten Shell-Studien müssen sich zudem den Vorwurf des Reduktionismus gefallen lassen (289). Der Deutungsrahmen von "Religion" in den Shell-Studien geht nach Thonak in sehr verengter Weise davon aus, Religion existiere im Wesentlichen in der institutionellen Gestalt der großen Kirchen und sei insofern im Rahmen einer allgemeinen Säkularisierung dem sicheren Verfall preisgegeben. Dem stellt die Verf. gegenüber, die Phänomenologie der Formen gelebter Religion bei Jugendlichen in der postsäkularen Gesellschaft Deutschlands sei durchaus vielseitiger als es die Darstellungen der Jugendstudien aus den Jahren 1992, 1997 und 2000 suggerieren möchten. Thonaks These gipfelt in der bemerkenswerten Beobachtung, dass "Religion" und "Religiosität" bei den Items der Shell-Studien entweder unterbelichtet oder von den Autoren "versehentlich vergessen" (166) worden seien. Im Gegensatz dazu würden sie in den Interview-Beiträgen der Jugendlichen aber gerade nicht ausgeblendet, sondern teilweise sehr intensiv thematisiert.

Die methodologische Kritik an den Jugendstudien bildet auch den Ausgangspunkt für die Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit: In zwei Hauptkapiteln werden die 11. und 13. Jugendstudie untersucht (56-166, 172-276), die 12. Jugendstudie 1997 wird nur kurz behandelt (166-171), da hier das Thema Religion ja "versehentlich vergessen" worden war. Die 14. Jugendstudie erschien kurz nach der Fertigstellung der Dissertation und wird deshalb in einem Anhang ausgewertet (277-288). Thonaks These ist, dass sich der Religionsbegriff aller drei Shell-Studien zumeist auf die längst überholten kirchengemeindesoziologischen Thesen von R. Köster stützten (ders., Die Kirchentreuen, Stuttgart 1959). Dies lässt sich im Vergleich mit den Interview-Items tatsächlich plausibel nachweisen. Anstelle der veralteten Theorie Kösters setzt die Verf. die Jugendstudien zunächst mit der religionssoziologischen Theorie des Christentums von D. Rössler in Beziehung (Grundriss der Prakt. Theologie, Berlin/New York 21994), der nicht mehr zwischen Kernmitgliedern, Kirchgängern, Randmitgliedern und Nichtmitgliedern unterscheidet, sondern die neuzeitliche Gestalt des Christentums in einen privat-individuellen, einen kirchlichen und einen öffentlich-gesellschaftlichen Bereich gliedert (291). Aus Rösslers Ansatz ergibt sich nun in der Tat der Vorwurf - vor allem an die 11. Jugendstudie - , sie habe unter dem "Verfallsaspekt" zu sehr den kirchlichen Bereich in den Mittelpunkt gestellt, dabei aber den individuellen wie den öffentlich-gesellschaftlichen Aspekt von Religion ausgeblendet. Hier benennt die Verf. sehr klar einen nicht von der Hand zu weisenden Mangel am Religionsbegriff der Shell-Studien.

Um diesen unklaren Religionsbegriff genauer zu fassen, unternimmt die Verf. einen weiteren Analyseschritt, indem sie neben den soziologischen einen religionspsychologischen Deutungsrahmen stellt. Dabei stützt sie sich auf das in der Forschung etablierte Modell des finnischen Religionspädagogen Kalevi Tamminen, der "Religion" als multidimensionales anthropologisches Phänomen versteht (ders., Religiöse Entwicklung in Kindheit und Jugend, Frankfurt/M., Bern, New York 1993). Während die Jugendstudien nur zu zwei religiösen Dimensionen Items entwickelt haben, bietet Tamminen fünf Funktionen von Religion an, die eine klarere Phänomenologie des Begriffs erlauben: Die Erfahrungsdimension, die ideologische, intellektuelle, ritualistische und konsequentielle Dimension. Durch den Vergleich mit Tamminen wird deutlich, wie sehr die Shell-Studien jugendliche Religiosität auf die formale, rituelle Frequenz und Partizipation am konfessionellen Christentum reduzieren (165), dabei aber wesentliche andere Bereiche ausblenden.

Die Stärke der vorliegenden Arbeit liegt zum einen darin, dass sie aufzeigt, wie die Autoren der Shell-Studien in der Beurteilung einzelner Fragen, z.B. in der Einschätzung des Phänomens der Säkularisierung, offenbar veralteten Klischees aufgesessen sind, die dem neuesten Stand der religionspädagogischen Forschung nicht mehr standhalten. Eine andere Stärke der Arbeit liegt in ihrem wissenschaftstheoretischen Impuls: Zur Behebung der genannten Defizite fordert die Verf. die sozialwissenschaftliche Jugendforschung mit Recht auf, in Religionspädagogik und Theologie stärker als bisher die Bezugsgrößen für einen interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs zu sehen. Allderdings hält Thonak richtig fest, dass auch Religionspädagogik und Theologie ihrerseits die Möglichkeit wahrnehmen müssten, sich im "einseitig stummen Dialog" mit der Jugendforschung zu engagieren.

Mit der vorliegenden Arbeit ist zweifellos ein erster Schritt in diese Richtung getan. Der Band ist trotz des umfangreichen Datenmaterials flüssig lesbar geschrieben und leistet m.E. zweierlei: Erstens stellt er für wissenschaftlich arbeitende Religionspädagog/-innen eine ganze Reihe soziologischer Standards in Frage, auf die sich die Jugendforschung seit langem selbstverständlich stützt. Zweitens bestätigt er für alle, die in der täglichen Praxis der Schule oder der Jugendarbeit stehen, die Breite und Vielfalt jugendlicher Religiosität, keineswegs nur ihren Verfall oder gar ihre Nichtexistenz.

Christian Cebulj


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Eltrop, Bettina/Hecht, Anneliese (Hrsg.): Frauenbilder

Eltrop, Bettina/Hecht, Anneliese (Hrsg.): Frauenbilder(Frauen/Bibel/Arbeit; Bd. 1). - Stuttgart: Verlag Kath. Bibelwerk/Düsseldorf: Klens-Verlag. 1998. 80 S., DM 17.90 (ISBN 3-460-25218-2/KBW; 3-87309-157-7 Klens)

Das vorliegende Bändchen ist das erste einer neuen Reihe, mit der die Herausgeberinnen das Wissen und die Arbeit der Frauen in Bezug auf die Bibel aufzeigen und weitergeben, Anregungen für die praktische Umsetzung anbieten und Lebensthemen von Frauen aus biblischer Sicht in den Mittelpunkt stellen wollen (7 f.). Angekündigt sind nach diesem ersten die Hefte Frauenleben und Frauenstreit; vorgesehen sind zwei Hefte pro Jahr. Hier nun das Anliegen, "einen ersten Zugang zum Verstehen von biblischen Frauengeschichten (zu) wagen" (8). Entsprechend dem allen Bänden zugrunde liegenden Konzept stellt zunächst Sabine Bieberstein (auf sieben Seiten) grundlegende Überlegungen zum Thema "Frauenbilder der Bibel" vor, gibt ein paar Hinweise zur Hermeneutik der entsprechenden Texte und unternimmt eine erste Typisierung dieser Frauenbilder.

Es folgen in der Rubrik "Bibelarbeiten" sechs Beiträge zu einigen dieser Frauentypen, wobei alle Autorinnen zunächst die Frauen und das Besondere ihres Lebens in ihrem jeweiligen biblisch-historischen Kontext kurz vorstellen, um sodann eine mögliche Bibelarbeit zum Text vorzuschlagen, die dem Drei-Schritt "1. Auf den Bibeltext zugehen - 2. Den Bibeltext verstehen - 3. Mit dem Bibeltext weitergehen" folgt. Bearbeitet werden Textabschnitte über Die Tüchtige (Spr 31), Die Kluge (Abigajil, 1 Sam 25,2-42), Die Listige (Tamar, Gen 38), Die Dienende (Schwiegermutter des Petrus und Frauen aus Galiläa, Lk 8, 1-3; Mk 1,28-31; 15,41), Die Standhafte (Rizpa, 2 Sam 21,1-14), Die Prophetin (Maria, bes. Magnifika, Lk 1,46-55).

Abschließend folgt ein kurzes Kapitel (8 Seiten) zu methodischen Vorschlägen, welche mit der Zeit quasi ein "Handbuch der Bibelarbeit" (69) ergeben sollen. In diesem Band steht im Mittelpunkt das "Drei-Phasen-Modell", an welchem sich die Beiträge im zweiten Teil selbst orientiert hatten, als "Grundmodell für eine erfahrungs- und lebensbezogene Bibelarbeit": Verringerung des Abstands zwischen dem Text und mit/uns, Kennenlernen und genaues Erfassen des Textes inklusive historisch-kritischer und struktureller Arbeit, Transfer der gewonnenen Erkenntnisse auf unser Fühlen, Denken, Handeln. An dieser Stelle listen die Hg. einige für die unterschiedlichen Phasen geeigneten Methoden stichwortartig auf und verweisen zur Vertiefung auf zwei Monographien von Autorinnen des Redaktionskreises selber.

Überzeugend an diesem ersten Bändchen ist vor allem das gut abgestimmte und durchgehaltene Grundkonzept. Die einzelnen Teile sind aufeinander bezogen, man merkt die intensive redaktionelle Arbeit. Die Beiträge sind sehr leicht lesbar, auch Frauen zugänglich, die keine theologischen Studien absolviert haben, sich aber dennoch für Frauenbibelarbeit interessieren. Der o.a. Intention, einen "ersten Zugang" zu schaffen, entsprechen auch die sehr praktischen Hinweise für die Umsetzung des Drei-Phasen-Modells ebenso wie der wichtige Hinweis auf die Notwendigkeit einer klaren Zielfestlegung vor der methodischen Planung. Didaktik vor Methodik also, ohne dass diese Begriffe benützt würden (77).

Zu bemängeln ist, dass grundsätzlich die für die Erstellung der Beiträge verwendete Literatur nicht angegeben wird, weder individuell noch pauschal. Alle gegebenen Informationen waren schon an anderer Stelle nachzulesen, dort z.T. erheblich detaillierter. Selbst wenn es den Hg. nicht um eine wissenschaftliche Darstellung geht, sollten doch zumindest die Quellen zugänglich gemacht und die (zumeist Frauen) genannt werden, die die exegetische Vorarbeit geleistet haben.

Angesichts des Preises stellt sich allerdings die Frage, ob frau wirklich z.B. 48 DM in die ersten drei Bändchen investieren will oder ob der Griff zu ein oder zwei exegetischen Einführungen zum Thema plus einem neueren Methodenhandbuch nicht dieselben oder gar bessere Dienste täte. Ob die thematische Ordnung der vorgestellten Texte diese spezielle Anschaffung demgegenüber lohnt, hängt ab vom Konzept der angestrebten Frauenarbeit und werden die Folgebändchen zu zeigen haben.

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Hottinger, Arnold, Islamische Welt. Der Nahe Osten. Erfahrungen, Begegnungen, Analysen

Hottinger, Arnold: Islamische Welt. Der Nahe Osten. Erfahrungen, Begegnungen, Analysen. - Paderborn u. a.: Verlag Schöningh. 2004. 652 S., 2 Karten. - 49.90 (ISBN 3-506-71800-2

Wer in den vergangenen Jahrzehnten die Geschicke des Nahen Ostens aus politischer, kultureller oder religiöser Perspektive verfolgt hat, ist mit Sicherheit immer wieder dem herausragenden Nahost-Experten Arnold Hottinger von der Neuen Züricher Zeitung begegnet, dies nicht nur in Form seiner regelmäßigen Berichte und Analysen in der Presse, sondern auch als Autor wichtiger Werke aus den genannten Bereichen. Der Leser macht sich mit großen Erwartungen an die Lektüre des umfangreichen vorliegenden Werkes und wird nicht enttäuscht. Nach der Lektüre weniger Seiten steht er im Bann des Autors. Es bestechen sein klarer und floskelloser Stil, sein umfassendes aber sich nie in unnötiges Detail verlierende Wissen, seine messerscharfen Analysen und Ausblicke, nicht zuletzt aber seine Sensibilität und Humanität. Es gibt keinen bedeutenden Aspekt des geschichtsträchtigen Nahen Ostens, dieser von inneren Spannungen ebenso wie von von außen an sie herangetragenen Konflikten überreichen Region, den Hottinger in diesem monumentalen "Erfahrungsbericht" nicht als persönlich erlebt, reflektiert und erwogen auf den Prunkt gebracht hätte.

Nicht nur die politischen Analysen des Autors sind bedeutsam, sondern gerade seine durchweg originellen Einblicke und Einsichten, die sich aus seinem Erleben so vieler "magischer Orte" ergeben. Deren Beschreibungen bleiben im Gedächtnis haften. Unter den vielen etwa diese: Die Schilderung des Kerns der Altstadt von Damaskus mit dem Gang durch den großen Basar zur Umayyaden-Moschee. Hottinger erlebt sie "als Öffnung": "Im Zentrum dieses Getriebes öffnet sich ein weiter Raum, leer unter dem Himmel. Dies ist der Hof der großen Umayyaden-Moschee. Die Menschen treten durch den mit antiken Marmorfriesen reich verzierten Torrahmen über die erhöhte Schwelle auf den geheiligten Boden; ihre Schuhe streifen sie in lässiger, altgewöhnter Geste ab, dann richten sie sich auf in einer Welt der Öffnung und Ruhe, direkt unter dem plötzlich sichtbar gewordenen weithin leuchtenden Himmel" Der plötzliche Übergang aus dem gedrängten Marktleben in die große Lichte lässt aufatmen und aufblicken. Der Alltag fällt weg." (48)

Ebenso meisterhaft etwa auch die Beschreibung des "einzigartigen Basars von Aleppo" (90f.), die Erkundung der Stadt Hamadan und ihrer Zweischichtigkeit: "Die neuere Stadt war der alten übergelagert und in sie eingeschnitten, doch die alte beherbergte nach wie vor mehr und intensiveres, dichteres und intimeres Leben als die sie durchschneidenden und dann in die neuere Außenstadt fortgesetzten Boulevards, von denen man auf den ersten Blick glauben konnte, sie machten allein die ganze Stadt aus. Das Ganze konnte man leicht als ein Sinnbild der Lage ganz Persiens und aller Iraner auffassen."(148)

Weitere besonders gelungene Vignetten sind: Atatürk und die Aufklärung in der modernen Türkei (246); die Erklärung des Einflusses und der Macht der Ayatollahs (635), die Labyrinth-artigen Wirrungen und Irrungen der politischen Szene Syriens (338ff.) und nicht zuletzt auch die Analyse der Doppelnatur der libanesischen Politik (285f.; 344ff.) : "«L´état» auf arabisch hieß daula, und die daula war seit osmanischen Zeiten etwas Fremdes, meist Gewalttätiges, das man zähmen und täuschen musste wie einen Kampfstier und das man, wenn man tüchtig war und seinen wenig gelenkten Angriffen geschickt genug auswich, zum Schluss schlachten konnte."

Außerordentlich einsichtsreich und klar scheinen dem Rez. schließlich die letzen Abschnitte des Werkes, die von der arabischen und islamischen Welt seit der iranischen Revolution handeln. Es ist mir keine Analyse der Ereignisses im Nahen Osten während der letzen zwei bis drei Jahrzehnte bekannt, die auf so knapp bemessenem Raum eine schärfere Analyse der Ereignisse verbunden mit beachtlichen Wertungen und mit Ausblicken auf die Zukunft in so lesbarer Form bieten würde. Der "Nahost Experte und Korrespondent der NZZ", Arnold Hottinger, zeigt sich in diesem monumentalen Rückblick auf sein aktives Leben als einer der großen Meister seines Metiers.

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