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Frevel, Christian / Wischmeyer, Oda: Menschsein. Perspektiven des Alten und Neuen Testaments. DIE NEUE ECHTERBIBEL

Frevel, Christian / Wischmeyer, Oda: Menschsein. Perspektiven des Alten und Neuen Testaments. DIE NEUE ECHTERBIBEL - Themen; Bd. 11. - Würzburg: Echter Verlag. 2003. 133 S. EUR 14.40 (ISBN 3-429-02177-4)

Die Lehre der Bibel über den Menschen zu beschreiben, ist ein schwieriges Unterfangen. Denn die Frage: "Was ist der Mensch?" ist eine philosophische Frage. Die Theologie fragt viel mehr: "Was soll der Mensch tun?" und "Was soll der Mensch glauben?" Auf das erste antwortet die Moraltheologie, auf das zweite die Dogmatik. Beide speisen sich aus der Hl. Schrift. Deshalb sagen auch die beiden Autoren, weder das AT noch das NT bieten eine ausdrückliche Anthropologie (S. 9.77.102.121f). Sie sprechen beide nur über den Menschen in seiner Beziehung zu Gott, beide Autoren nennen das eine "relationale Anthropologie". Da allerdings haben beide Testamente Gewichtiges zu sagen: "Es gibt den Menschen nur von Gott und vor Gott" (S.86). - Christian Frevel formuliert in der Zusammenschau (im "Dialog" zwischen AT und NT, S.121ff) wertvolle Einsichten: "Im Alten Testament wird, grob gesagt, stärker über die Herkünftigkeit des Menschen, im Neuen Testament über seine Zielgerichtetheit gehandelt" (122). "Die Rede von Geschöpflichkeit und Vergänglichkeit, von Körperlichkeit und Sexualität, von der Komplementarität der Geschlechter, von der Sozialität und Kulturalität des Menschen, von seiner Verantwortung und Aufgabe sowie von der gleichen Würde aller geschaffenen Menschen und dem unverlierbaren Verhältnis des einzelnen zu seinem Schöpfer sind Bereiche, in denen das Alte Testament unaufgebbare und bleibende theologische Einsichten formuliert" (ebd.). All diese Punkte stellt Frevel im ersten Teil (7-60) ausführlich dar. "Die Schöpfungserzählungen (Gen 1-3) bzw.die biblische Urgeschichte (Gen 1-11) haben eine anthropologische Dichte sondergleichen" (11). Die Themen im einzelnen sind: Menschwerdung im AT (12-19), Mitten im Leben vom Tod umfangen (20-24), Menschsein im AT (26-42). Arbeit und Ruhe: Die Bestimmung des Menschen (49-56), Die Hoffnung des Menschen im Land der Lebenden (57-60). - Probleme bereitet ihm - und dem Leser - dabei das Verhältnis von Leib und Seele und deren Weiterleben im AT, der sogenannte Dichotomismus, den es angeblich im AT nicht gebe (27f). Erst im hellenistischen Weisheitsbuch sei der Gedanke an die weiterlebende Seele aufgetaucht (58). Er muss aber doch auch berichten, dass schon in Gen 3,22: "...damit er nicht ewig lebt", in 1 Sam 2,6: "Gott führt von der Unterwelt herauf" und Koh 3,21: "steigt der Atem (ruach) nach oben?" sehr früh von der Hoffnung auf Leben nach dem Tod die Rede ist. Man hätte sich gewünscht, daß im "Dialog" vom NT her 1 Petr 3,19f einbezogen würde: Die "Geister im Gefängnis" sind gerade jene "Geister" (pneúmata, von ruach Gen 6,3-7,22), die "nicht im Menschen bleiben sollten", aber auch in der Sintflut nicht untergehen konnten.

Oda Wischmeyer beginnt mit neutestamentlichen Herkunftsbezeichnungen für Menschen aus Familie, Ort, Alter, Beruf etc. Der Erkenntnisgewinn ist gering, eher anekdotisch. Spannender wird es, wenn sie von den Erzählungen des NT über das Wirken Jesu an den Menschen berichtet: "Das Volk ist Gegenstand des Erbarmens Jesu" (80). "Jesus begegnet Menschen" (ebd.). Das Menschenbild des NT sei aber schematisch. "Jede Differenzierung und Individualisierung fehlt. Als einziger Mensch ... hat Jesus bestimmte individuelle Züge" (83). "Lediglich Paulus begegnet als sich selbst aussprechendes Individuum" (84). Dementsprechend stellt Oda Wischmeyer vor allem die Anthropologie des Paulus dar ("Zentrum unserer Darstellung", S.89). Das ist ihr (S.89-106) mit Röm 1-3etc.: allgemeine Sünde - allgemeine Erlösung durch Christus im Glauben, gelungen. Wohl deshalb sieht aber das Jesusbild ihrer Darstellung etwas schmalbrüstig aus. Er hat seine Lehre "nur auf ,die verlorenen Schafe des Hauses Israel´ (Mt 10,6; 15,24) bezogen. Die Heiden sind nicht in seinem Blick", sagt sie (S.86,87). Was sagt sie dann aber zu Mt 8,11: "Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen im Reiche Gottes"? Und zu Mt 28,19: "Geht hin in alle Welt und lehret alle Völker"? Und zum Gleichnis von den bösen Winzern, denen "das Reich genommen und einem andern Volke gegeben wird, das seine Früchte bringt" (Mt 21,43)? Und vor allem: Wie geht damit der große, kosmische, für die ganze Welt bedeutsame Christus des Paulus zusammen, den sie im Folgenden selbst darstellt? "Christus ist hier (in Röm 3,21-26) von seinem Tod her als derjenige verstanden, der korporativ für alle Menschen Sühne geleistet hat, so dass ein neues Verhältnis Gottes zu den Menschen möglich würde" (97). Die Anthropologie Jesu, die sie aus dem Vaterunser erschließt, fasst sie kurz so zusammen: "a) die Menschen stehen immer vor Gott, b) Gott erhält die Menschen" (86). Die Anthropologie der synoptischen Jesustraditon gliedert sie in drei Punkte: "Der Mensch als Geschöpf, der Mensch als Schuldner und als Erneuerter angesichts der kommenden Gottesherrschaft, der Mensch, der Gottes Willen tut." "Die Essenz der Anthropologie Jesu liegt in der Gottebenbildlichkeit des Menschen, die als Kindschaft ausgelegt ist: Ihr sollt vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist (Mt 5,48)." Die Anthropologie des Paulus wird so zusammengefasst: "Der Mensch steht im Mittelpunkt seiner Mission..., nicht aber als der Mensch, sondern als der erlöste Mensch und auch als der nicht erlöste Mensch. (Dabei) denkt er nicht ontologisch in verschiedenen Seinsweisen..., sondern theologisch, d.h. relational von Gott aus. Aus menschlicher Sicht verläuft damit die Scheidelinie zwischen Glauben und Nicht-Glauben" (102). Bedenkenswert ist wieder der Schlussakkord: "Die eigentliche Dimension des Menschen ist seine Zukunft" (109.111). Ein Blick auf die allgemeine heutige Anthropologie, welche ihrerseits die christliche "nicht zur Kenntnis nimmt" (107.111), rundet das Buch ab. Wegen vieler Einzelerkenntnisse lohnt sich die Lektüre.

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Schlüter, Richard: Konfessioneller Religionsunterricht heute? Hintergründe - Kontroversen - Perspektiven

Schlüter, Richard: Konfessioneller Religionsunterricht heute? Hintergründe - Kontroversen - Perspektiven. - Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2000. 184 S., DM 49.90 (ISBN 3-534-15001-5)

Ist der konfessionelle Religionsunterricht noch sinnvoll in einer Zeit, in der der ökumenische Dialog zu einem weitgehenden theologischen Konsens geführt hat und die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kirchen sich immer intensiver gestaltet? Diese Frage stellen sich nicht nur viele Eltern, Schüler und Religionslehrer, sondern auch Religionspädagogen, Bischöfe und Kirchenleitungen. Richard Schlüter, Professor für Praktische und Ökumenische Theologie in Siegen, hat jetzt die unterschiedlichen ökumenischen und religionspädagogischen Diskussionsstränge der letzten 30 Jahre gesichtet und auf den Religionsunterricht hin fokussiert. Angesichts des breiten Konsenses in den theologischen Grundfragen (zumindest zwischen der katholischen Kirche und den Kirchen des Lutherischen Weltbundes) und aufgrund des gegenwärtigen Standes der religionspädagogischen Diskussion auf katholischer und evangelischer Seite ist es für Schlüter keine Frage mehr, ob der schulische Religionsunterricht von beiden Kirchen gemeinsam verantwortet werden kann oder nicht. Zu fragen sei vielmehr, was die beiden Kirchen in Deutschland daran hindert, aus der Übereinstimmung in den christlichen Grundaussagen die notwendigen kirchenrechtlichen und religionspädagogischen Konsequenzen zu ziehen. Um die These Schlüters gleich vorwegzunehmen: Es ist das Interesse an der Wahrung der eigenen konfessionellen Identität und Sozialgestalt, die den ökumenischen Fortschritt behindert oder zumindest doch verlangsamt. Die These könnte außerordentlich fruchtbar sein, wird doch das Feld ökumenischer und religionspädagogischer Forschung damit nicht länger auf die im engeren Sinne dogmatischen Differenzen eingegrenzt. Konfessionelle Identität hat nämlich nicht nur theologische, sondern wesentlich auch kultur-, mentalitäts- und sozialgeschichtliche Dimensionen, die das Verhältnis der Kirchen zueinander auch heute noch prägen, auch wenn es vielen gar nicht bewusst ist. So zeigen etwa die jüngste Studie von Andreas Feige zur Religion der evangelischen Religionslehrer in Niedersachsen oder die Auswertung der Schulversuche zur konfessionellen Kooperation in Baden-Württemberg, dass die konfessionelle Identität der Lehrer doch ausgeprägter ist, als bislang angenommen wurde. Wer freilich neue Erkenntnisse über einen weiteren Begriff von konfessioneller Identität im Spannungsfeld von Theologie, Geschichte und Soziologie erwartet, wird von Schlüter enttäuscht. Er setzt die Wahrung der eigenen Identität und Sozialgestalt schlichtweg mit dem Beharren vor allem der katholischen Kirche auf ein höchst partikulares, aus dem Zeitalter konfessioneller Spaltungen fortdauerndes Kirchesein gleich, dem theologisch heute jede Legitimation fehle. Entsprechend interpretiert er die ökumenischen Dokumente. Wo diese von Übereinstimmungen und Annäherungen sprechen, sind sie theologisch begründet; wo Differenzen und offene Fragen erwähnt werden, geschieht dies wenn nicht nur, so doch wesentlich aus institutionsegoistischen Gründen. Auch das Festhalten der beiden Kirchen am konfessionell getrennten Religionsunterricht sei mehr durch Institutionsinteressen bestimmt als religionspädagogisch begründet. Die katholische Überzeugung, dass Fragen des Amtes und der institutionellen Ausformung des Glaubens nichts Nebensächliches, sondern die notwendige geschichtliche Konkretisierung der Botschaft Jesu sind, vermag Schlüter offensichtlich nicht einzuleuchten, zumindest ist sie für ihn religionspädagogisch irrelevant. Ein eigenartiger Befund bei einem Autor, der die Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer, sozialer und kultureller Herkunft zu den Aufgaben von Kirche und Religionsunterricht zählt. Und zu Recht! Denn nicht zufällig steht am Anfang der Kirche das Pfingstereignis, die Erfahrung von Verständigung und Gemeinschaft über alle sprachlichen und ethnischen Grenzen hinweg. Der Universalismus gehört wesentlich zur Reich-Gottes-Botschaft Jesu und damit zur Kirche, die nur dann die Kirche Christi ist, wenn sie eine wirkliche Gemeinschaft von Menschen unterschiedlicher Herkunft im Glauben an das Evangelium ist. Der christliche Universalismus aber kann national- oder landeskirchlich gar nicht oder nur sehr unzureichend verwirklicht werden. Allein die Universalkirche garantiert, dass die Begegnung mit dem Anderen eine notwendige Dimension meines eigenen Glaubens ist. Das wird auch von den Millionen von Jugendlichen so empfunden, die die Weltjugendtreffen mit dem Papst besuchten und dort ihr Pfingsten erlebten - eine Erfahrung, die für den Religionsunterricht von hoher Relevanz sein kann. Konfessionelle Spezifika sind eben doch mehr als historisch obsolet gewordene Lehrstreitigkeiten: Es geht im Streit der Konfessionen nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft des Christentums. Und diese Zukunft hängt zumindest in Deutschland auch vom Religionsunterricht ab. Im Schlusskapitel "Ökumenisches Lernen" plädiert Schlüter für einen Religionsunterricht, der sich die Themen von der Welt geben lässt und seine Lernziele im konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung findet. "Dieses ökumenische Lernen ist nicht mehr durchgängig und vorrangig mit theologischen Themen und lehrmäßigen Schwierigkeiten belastet" (S. 159). Ein solcher Religionsunterricht unterscheidet sich damit aber kaum noch von Fächern wie Ethik oder Praktische Philosophie. Nach der Lektüre des Buches drängt sich dem Rezensenten der Verdacht auf, dass der vielzitierte Verlust konfessioneller Prägung nichts anderes ist als der Verlust des Christentums selbst. Die Verbindung von christlich und konfessionell ist wohl doch enger, als manche Religionspädagogen meinen.


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Avemarie, Friedrich / Lichtenberger, Hermann (Hg.), Auferstehung - Resurrection

Avemarie, Friedrich / Lichtenberger, Hermann (Hg.), Auferstehung - Resurrection, (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament; 135). - Tübingen: Mohr / Siebeck. 2001. 401 S., EUR 99.00 (ISBN 3-16-147534-8)

Ein Wissenschaftsband verdient nur dann, einem breiten Publikum vorgestellt zu werden, wenn sein Titel allgemeineres Interesse beanspruchen kann. Das ist beim Thema "Auferstehung" vor allem deshalb der Fall, weil der Neutestamentler Gerd Lüdemann 1994 die biblischen Erzählungen vom leeren Grab als im Rahmen heutigen Wirklichkeitsverständnisses nicht mehr nachvollziehbar ausgegeben und sich in letzter Konsequenz 1997 vom Christentum losgesagt hat. Seine Thesen und Schritte haben seinerzeit Aufsehen erregt. Daran gemessen haben sich Versuche einer fachlichen Widerlegung erstaunlich in Grenzen gehalten. Umso mehr macht das vorliegende Buch neugierig, dessen Aufsätze auf ein Tübinger Forschungssymposium von 1999 zurückgehen. Es stand allerdings unter dem etwas weiter gefassten Thema "Auferstehung, Verklärung und Erhöhung im Alten Testament, antiken Judentum und Frühchristentum". Das erklärt, warum der Band eine Reihe von Beiträgen enthält, die die Auferstehungsthematik eher nur indirekt berühren.

Hingegen setzt sich nur ein einziger Beitrag - und das nicht einmal schwerpunktmäßig - mit Lüdemanns Thesen auseinander. Immerhin handelt es sich dabei um den längsten Aufsatz des Bandes, der zudem vom wohl namhaftesten der hier versammelten renommierten Autoren stammt, nämlich von Martin Hengel.

Unter dem Titel "Das Begräbnis Jesu bei Paulus und die leibliche Auferstehung aus dem Grabe" bietet er ein eindrucksvolles Panorama der neueren exegetisch-historischen Forschung zu diesem strittigen Thema. Zunächst räumt er mit der in letzter Zeit zunehmend verbreiteten, auch von Lüdemann geteilten Annahme auf, Jesu Leichnam sei in einem anonymen Massengrab geendet. Sein Hauptargument lautet unter Verweis auf 1. Korinther 15,4: "Vom Faktum des Begräbnisses Jesu ist in eindeutiger, unübersehbarer Weise bereits in einem wohl bekannten Paulustext die Rede, der auf die Anfänge der Urgemeinde zurückgeht und der älteste ausführlichere Auferstehungstext ist, den wir überhaupt besitzen. Er möchte mit seinem Hinweis auf das Begräbnis Jesu gewiss nicht die Beseitigung von dessen Leichnam ins Massengrab für Kriminelle zum Ausdruck bringen." Derselbe Text beweist laut Hengel hinlänglich, dass Paulus wie bereits die Urgemeinde sehr wohl ums leere Grab gewusst haben. Nicht zufällig hat die Tradition, dass Jesus begraben worden ist, schließlich ins Glaubensbekenntnis der Christenheit Eingang gefunden.

Hengel betont die ursprüngliche Einheit von Erzählung und theologischer Deutung auch und gerade im Kontext der Auferstehungsthematik. Unter diesem Aspekt ist davon auszugehen, dass die vom Apostel Paulus übernommene Traditionsformel in 1. Korinther 15 kein unnötiges Wort enthält, also sehr bewusst vom begrabenen Gekreuzigten spricht. Die überhaupt erst in der Theologie des Aufklärungszeitalters aufgekommene Scheintodhypothese hält Hengel ebenso für nichtig wie die neuerdings verbreitete "Mär" vom nach Kaschmir ausgewanderten Jesus. Hatte doch am tatsächlichen Tod Jesu im 1. Jahrhundert niemand gezweifelt - er galt ja angesichts des messianischen Christus-Anspruchs geradezu als anstößig! Anhand eines reichhaltigen Materials erläutert Hengel die von Anfang an gegebene Alternative zwischen der Vorstellung leiblicher Auferstehung einerseits und einer Himmelreise der Seele andererseits. Er verdeutlicht, dass Paulus wie die Urgemeinde im Horizont jüdisch-apokalyptischer Erwartung gelebt und von daher mit Gottes vollendendem Handeln an der Schöpfung gerechnet hat. In Entsprechung zu seiner Überzeugung von der Fleischwerdung des präexistenten Gottessohnes hat er an der Leiblichkeit der Erlösten im künftigen Gottesreich und so auch an der leiblichen Auferstehung Jesu nicht gezweifelt. Freilich ist bereits ihm im Unterschied zur frühjüdischen Tradition deutlich gewesen, dass die verheißene Auferstehung sich nicht unter Rückgriff auf die Leichen oder auch nur deren materiellen Partikel vollziehen wird: "Es wird gesät ein natürlicher Leib und auferstehen ein geistlicher Leib..."

Demgegenüber hat sich Jesu pneumatischer Auferstehungsleib ausnahmsweise sehr wohl unter Rückgriff auf den konkreten Leichnam konstituieren müssen, weil sich die Auferweckung in diesem singulären Fall nicht am Ende, sondern innerhalb der Geschichte ereignet hat. Nur so - und nicht durch bloße "Visionen" allein - war die Identität des Auferstandenen mit dem Gekreuzigten sichergestellt. Zudem hätten bloße Visionen unmöglich die urchristliche Überzeugung begründen können, der so "auferweckte" Christus habe die allgemeine Totenauferstehung eingeleitet und sei der Erstling der neuen Schöpfung geworden! Hengel unterstreicht von daher: "Gerade die sich kritisch gebenden Exegeten sind sich viel zu wenig der schlichten Ungeheuerlichkeit der urchristlichen ,Botschaft´ bewusst, die praktisch aus jeder zeitgenössischen jüdischen und heidnischen Analogie herausfällt. Die Ausrichtung der neuen Botschaft muss von Anfang an, ja gerade am Anfang, auf allerschärfsten Widerstand gestoßen sein. Sie wäre ohne das unleugbare Phänomen des leeren Grabes gerade in Jerusalem meines Erachtens unmöglich gewesen."

Die modernen Argumente für die These, die Entdeckung des leeren Grabes am Ostermorgen sei eine "späte Legende", weist Hengel also nachgerade unter historischem Aspekt zurück. Er betont: "Bei den ,Analysen´, die dies beweisen wollen, erhält man durchweg den Eindruck, dass hier nur bewiesen werden soll, was der Exeget vorher weiß und seiner ,aufgeklärten Hermeneutik´ entspricht." Wollte namentlich Lüdemann "im Grunde nicht nur sein persönliches Vorverständnis bestätigen"?

Dieser Eindruck drängt sich bei Lüdemanns angestrengter Argumentation auf: Sie lässt von der Osterbotschaft nur ungefähr das übrig, was unter der "aufgeklärten", theologisch aber keineswegs hinreichend geklärten Prämisse des Wegfalls der christlichen Auferstehungshoffnung an allgemein-religiösen Voten übrig bleiben kann. Waren es nach Hengel von Anfang an nicht nur geschichtliche, sondern auch theologische Gründe, von dem am dritten Tag nicht mehr leeren Grab Jesu zu reden, so entspricht es diesem Befund, dass gegen Ende des Bandes ein Aufsatz von Peter Stuhlmacher den Aspekt der Rechtfertigung behandelt, wie er sich im Licht der Auferweckung Jesu darstellt. Der Titel lautet mit Römer 8,34: "Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt". Aber auch die Beiträge von A. M. Schwemer zur Erzählung von den Emmaus-Jüngern, von O. Hofius zum Christus-Hymnus im Kolosserbrief und von G. S. Oegema über die doppelte Auferstehung in der Johannesoffenbarung beleuchten auf ihre Weise die theologische Relevanz des Glaubens an leibliche Auferstehung. Wer bei dieser für den christlichen Glauben zentralen Thematik mit diskutieren möchte, wird an dem neuen Band aus Tübingen schwerlich vorübergehen können.

Erstveröffentlichung in Rheinischer Merkur, Nr. 30/2001, S. 26, Nachdruck mit freundlicher Erlaubnis des Rezensenten.

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Bildungsplan 2004

Der Bildungsplan von 2004 für Katholische Religionslehre an Allgemeinbildenden Gymnasien in Baden-Württemberg weist die Kompetenzen, Standards und verbindlichen Themenfelder für die Standardzeiträume 5/6, 7/8, 9/10 und die Kursstufe aus.

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Der vierte Schmerz - erlitten unter Mel Gibson. Die Frau aus Nazareth in der Tiefenschärfe der Heilsgeschichte

Der Artikel thematisiert die Rolle Mariens beim Kreuzweg Jesu Christi anhand des Films "Die Passion Christi" von Mel Gibson

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Höhn, Hans-Joachim: Vernunft - Glaube - Politik. Reflexionsstufen einer Christlichen Sozialethik

Schockenhoff, Eberhard: Zur Lüge verdammt? Politik, Medien, Medizin, Justiz, Wissenschaft und die Ethik der Wahrheit. Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2000. 526 S. 35.00 (ISBN 3-451-27369-1)
Stellt das moralische Verbot der Lüge eine Überforderung des Menschen dar (18)? Ausgehend von dieser Frage, die nur eine "pessimistische Anthropologie" (31) bejahen kann und welche Eberhard Schockenhoff im ersten Kapitel ("Beitrag der Humanwissenschaften", 13-40) mit Hinweis auf den Menschen als Freiheitswesen, der Kontextgebundenheit menschlicher Rede und der eigenständigen Geltungslogik moralischer Normen verneint, entwirft der Freiburger Moraltheologe ein Handbuch zu einem grundlegenden Bereich angewandter Ethik. Wer sich vom etwas reißerisch formulierten Titel nicht abschrecken lässt und zu lesen beginnt, vermag sich nur noch schwer vom Text zu lösen. In den ersten drei Kapiteln erarbeitet der Verfasser die historischen und systematischen Grundlagen einer Wahrheitsethik (13-206), die Kapitel vier bis sieben behandeln mit den Bereichen Wissenschaft, Medien, Recht und Medizin konkrete Problemfelder (207-264), das kurze achte Kapitel besteht aus einem Epilog, in welchem die Überlegungen im christlichen Sinnhorizont gedeutet und vertieft werden (504-514).
Das zweite Kapitel (41-130) bietet einen historischen Überblick über die ethische Behandlung der Wahrheitsfrage ausgehend von Augustinus mit seinem kompromisslosen Lügenverbot, über Thomas v.A., der die Thematik im Zusammenhang mit der Tugend der Wahrhaftigkeit behandelt und die situative Adäquatheit einer Aussage hervorhob, die Neuzeit mit der Falsiloquientheorie (eine Falschaussage ist erst dann verwerflich, wenn keine Rechtsverletzung hinzukommt) und Kants rigoristischem Lügenverbot bis hin zu gegenwärtigen Beiträgen, in welchen insbesondere teleologische Ansätze und die Deutung einer Pflichtenkollision mit der unumgehbaren Konsequenz des Schuldigwerdens aufgenommen werden. Der Verfasser schließt sich der rigoristischen Tradition des Lügenverbots bei Augustinus, Thomas und Kant an, kritisiert eine rein auf die Folgen rekurrierende teleologische Begründung, ist aber in seinem eigenem Konzept der "situationsadäquaten Wahrheit" immer wieder bereit, Folgenüberlegungen in sein ethisches Urteil einzubeziehen (153: Hebammen von Ex 1, 15-21!, 196f, 202).
Ausgehend vom biblischen Wahrheitsverständnis erläutert er im dritten Kapitel (131-206) moraltheologische Aspekte: Neben dem Aussagewert der Wahrheit (logische Wahrheit) sollte auch deren personale Ausdrucksqualität (Tugend der Wahrhaftigkeit) und deren kommunikativer Grundsinn (Anerkennung des Anderen) mitbedacht werden (194), das moralische Urteil über eine Aussage nur aus dem Kontext heraus gefällt werden. Oberste Richtschnur und Norm bleibe die Liebe (204).
Erkenntnisleitend für den zweiten Buchteil ist die Bedeutung, die der Autor der immanenten Handlungsrationalität der jeweiligen Sachbereiche zuerkennt (206). Was folgt, sind vier eigenständige "kleine Tugendethiken" zu den Bereichen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit, Recht und Medizin.
Im vierten Kapitel zur Suche nach der Wahrheit in der Wissenschaft (207-264) kritisiert der Verfasser eine naive Fortschrittsgläubigkeit, erläutert die Tugenden eines Wissenschaftlers wie Sachlichkeit, Konsistenz, Bescheidenheit und geißelt so manches Fehlverhalten wie das Plagiat oder das Nichtnennen von Mitarbeitern.
Unter dem Titel "Wahrheit in der demokratischen Öffentlichkeit und in der medialen Kommunikation" entwirft der Verfasser die Grundrisse einer Medienethik, insofern die Geschichte der Pressefreiheit, Interpretationsmodelle medial erzeugter Wirklichkeit genauso wie eine Tugendethik der Medienschaffenden und -nutzer geboten wird (5. Kap., 265-352). Besonders spannend sind die drei Exkurse zur Ausschwitzlüge, den Wahrheitskommissionen und der Politikerlüge zu lesen.
Im sechsten Kapitel zur Wahrheitsfindung im Recht (353-442) wird sehr akribisch in die Welt der juristischen Hermeneutik und der richterlichen Urteilsfindung im Zivil- und Strafprozess eingeführt und insbesondere der Eid als Instrument der Wahrheitsfindung kritisch beleuchtet. Ein ausführlicher Exkurs zum innerkirchlichen Gebrauch des Eides lässt schließlich auch die Bereitschaft des Theologen zur (notwendigen) Kritik an der eigenen Kirche und ihrem Treueeid durchblicken, wenn diese auch sehr behutsam formuliert wird.
Schließlich folgt eine Abhandlung zur Wahrheit und Wahrhaftigkeit in der Medizin (7. Kap., 443-503). Historisch-ideengeschichtlichen Überlegungen folgen tugendethische Reflexionen zum Handeln und Entscheiden der Ärztinnen und Ärzte. Abgeschlossen wird das Kapitel mit Gedanken zur Arzt-Patienten-Beziehung. Besonders hervorzuheben ist hier die sensible und gleichwohl kritische Erläuterung der Wahrheit im ärztlichen Gespräch, wobei oberste Richtschnur das Wohlergehen des Patienten bleiben müsse (476). Auffällig ist, dass in erster Linie die Arztperspektive in den Blick genommen wird, eine "Tugendethik für die Patienten" fehlt.
Der erwähnte Epilog schließt das Handbuch mit einer theologischen Interpretation ab, die in ein Plädoyer für Toleranz und Offenheit gegenüber Andersdenkenden mündet (Kap. 8, 504-514).
Personen- und Sachregister ermöglichen das leichte Auffinden von Einzelthemen gemäß den verschiedensten Interessen, mit welchen Leserinnen und Leser zu diesem Handbuch greifen werden. Das ideengeschichtlich und tugendethisch geprägte Grundlagenwerk mit seinen Exkursen zu aktuellen Herausforderungen vermag Welten zu eröffnen und ist als interdisziplinäres Nachschlagewerk sehr zu empfehlen.


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Rosenkranz. Ein christologisches Gebet in der Gegenwart Mariens

Der Autor gibt eine praktische Anleitung zum Rosenkranzgebet und skizziert die Geschichte dieser Gebetsform

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Religionsunterricht findet Stadt. Herausforderungen und Chancen des Religionsunterrichts in der Großstadt

Reflexion über die Chancen und Grenzen des Religionsunterrichts in der multikulturell geprägten Großstadt Frankfurt auf dem Hintergrund der Ziele des Religionsunterrichts sowie Anregungen zur Umsetzung

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Lernen

Einschätzungen des Bundesvorsitzenden der Katholischen Elternschaft Deutschlands

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Freude am Lernen oder Spaß in der Schule? Anmerkungen zu einer pädagogischen Verirrung

Der Autor wendet sich gegen die Vorstellung, bei der Erziehung von Kindern solle eine Spaßpädagogik leitend sein und plädiert stattdessen für eine Erziehung nach elterlichen Maßstäben

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Mut zur Religion. Erziehung, Werte und die neue Frage nach Gott.

Röser, Johannes: Mut zur Religion. Erziehung, Werte und die neue Frage nach Gott. – Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2005. 160 S., € 8.90 (ISBN 3-451-05602-X)

In zahlreichen Publikationen der vergangenen Monate und Jahre wurde von namhaften Autorinnen und Autoren das Anliegen einer zeitgemäßen wertorientierten Erziehung und der Stellenwert und die Möglichkeiten des christlichen Glaubens behandelt und dargelegt. In vielen dieser für Detailfragen auch immer hilfreichen Bücher spielten vor allem die Erfahrungen der kirchlichen Tradition und des Glaubens der Menschen früherer Generationen eine Rolle. Eine nach vorne schauende, den aktuellen Herausforderungen verpflichtete Auseinandersetzung, die z. B. die durch Genforschung und Bioethik aufgeworfenen Fragen in lesbarer Form berücksichtigt, bietet der Buchmarkt selten an.

Diese Herausforderung mag Pate gestanden haben bei dem kleinen, gehaltvollen Band des Chefredakteurs der Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart“, Johannes Röser, der bereits durch einige sehr grundlegende Werke aufgefallen ist, denen oft die Frische und der Zwang zur wöchentlichen Auseinandersetzung mit neuen Fragen und Aspekten des gesellschaftlichen Zwiegespräches anzumerken war. Auch beim vorliegenden Band hat der Leser in jedem der elf Kapitel den Eindruck, dass bei Verzicht auf – lesehemmende – Zitatnachweise eine Unmenge an Materialien gedanklich verarbeitet wurde. Röser rekapituliert die Werte-Debatte im Zusammenhang mit der Frage nach den Bindungsnotwendigkeiten der Menschen, betont das Menschenrecht auf Religion und fordert folgerichtig die dazu notwendigen Bildungsvoraussetzungen. In diesen Eingangskapiteln reflektiert er die Zusammenhänge von Werten, Bindung, Bildung, Religion mit den Erkenntnissen der Hirnforschung: Nur wer Glaubensvollzüge kennen lernt und zur Wiederholung u. a. von Bindungserfahrungen angeregt wird, dessen Hirn hat eine Chance, nicht nur emotionale Nähe zu verarbeiten, sondern auch physiologische Denkstrukturen zu entwickeln.

Wenn der Autor im Weiteren nach der Modernität des Religiösen, der Intelligenz und der Vernunft des Glaubens fragt, arbeitet er immer wieder als neuralgischen Punkt das Zusammenwirken zwischen Alt und Jung, die Verlässlichkeit der Erfahrungen von Kindern heraus, die sie bei Eltern, Großeltern und der näheren Umgebung erleben können – oder auch nicht. Dies mündet in thesenartig formulierte „Zehn Erfahrungen auf dem Erziehungsweg“ ein, die jedem/r in ihrer Wirkung auf die kleinen und großen Mitmenschen als regelmäßiges Memento dienen können. Durch diese Akzentuierung sind Rösers Thesen mehr als Tipps für den Erziehungsalltag, sondern darüber hinaus Orientierungslinien für das eigene Verhalten in den alltäglichen, am Gemeinwohl interessierten (Glaubens-) Gemeinschaften.

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Wie man richtig in der Schule lernt

Der Autor beschreibt den Begriff des schulischen Lernens etwa aus bildungstheoreticher, didaktischer, pragmatischer, hermeneutischer Perspektive usw. Ausgehend von einem Teufelskreis des falschen Lernens kommt er zu einem Kreislauf des richtigen Lernens.

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Erosion der Gnadenanstalt? Zum Wandel der Sozialgestalt von Kirche

Ebertz, Michael N.: Erosion der Gnadenanstalt? Zum Wandel der Sozialgestalt von Kirche. - Frankfurt: Verlag J. Knecht. 1998. 384 S., DM 78,00 (ISBN 3-7820-0808-1)

Seit einiger Zeit schon ist klar, dass entgegen aller vordergründigen Behauptung der Sinn für Religion und Religiosität in unserer Gesellschaft keineswegs im Schwinden ist, sehr wohl aber die kirchlich verfasste Religion und Religiosität an prägendem Einfluss eingebüßt hat, unschwer ablesbar in den Biographien der Einzelnen, ebenso ablesbar im kollektiven gesellschaftlichen Bewusstsein, in dem die beiden christlichen Kirchen im Wertepluralismus des nun wiedervereinigten und jetzt neu zusammenwachsenden Deutschlands nur noch eine (wenn auch noch sehr wichtige) Sinnagentur unter anderen ist. Die Plausibilität der katholischen Kirche als "Gnadenanstalt" (Max Weber), als einziger vermittelnder Weg zum christlichen Heil, ist auch unter katholischen Christinnen und Christen weithin verloren gegangen. Nicht nur das theologische Selbstverständnis der Kirche hat sich, etwa durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), gründlich geändert. Vielmehr befindet sich in dessen Gefolge auch die Sozialgestalt der Kirche in einem anhaltenden, dynamischen Wandlungsprozess, der in lebendiger Treue zum Ursprung und zur eigenen Entwicklungsgeschichte (Ekklesiogenese) noch so manch Spannendes hervorbringen kann. Diese Umbruchsituation, in der sich die Kirche in der bundesrepublikanischen Gesellschaft an der Schwelle zum 3. Jahrtausend befindet, ist das Thema der von Michael N. Ebertz vorgelegten und in Konstanz eingereichten soziologischen Habilitationsschrift. Der an der Katholischen Fachhochschule in Freiburg, und inzwischen auch an der Universität Konstanz, lehrende Religionssoziologe liefert in verständlicher Sprache eine durch zahlreiche Befunde (demoskopische und statistische Daten) gestützte Analyse der soziologisch wahrnehmbaren Veränderungen und Entwicklungen der verkirchlichten Religion und Religiosität seit den 50er Jahren bis heute. Aus soziologischer Vogelperspektive versucht er im Gleitflug über die religiöse Landschaft in Deutschland den Umbruch der Sozialgestalt von Kirche wahrzunehmen, zu beschreiben und zu erklären. Sichtbar werden dabei sowohl die historisch unterschiedlich wirksamen, jeweils bewusst gewollten Zielentscheidungen für eine bestimmte Sozialgestalt von Kirche als auch ihre tatsächliche Ausprägung und Veränderung bis hin zur Relativierung der Ursprungsintention ("Von der Konfessionalisierung zur Entkonfessionalisierung", Kap. 1; "Von der Verkirchlichung zur Entkirchlichung", Kap. 2). Angesichts der Pluralisierungsprozesse in der Gesellschaft (strukturell, kulturell, individuell) und einer Entdifferenzierung des Religiösen sieht Michael N. Ebertz "Kirche und Kirchlichkeit unter externem" (Kap. 3) wie auch unter "internem Relativierungsdruck" (Kap. 4). Ebertz bezweifelt, ob eine von katholisch-fundamentalistischen Gruppen aus Angst um ihre christliche Identität gesteuerte Kehrtwende "Vom Pluralismus zum Fundamentalismus?" (Kap. 7) die gewünschte christlich-katholische Identitäts(ver)sicherung erbringen kann, und erläutert seine Vermutung, warum die kirchliche Sozialgestalt in Richtung "Von der Pfarrei zur ‘Gemeinde’: Kirche als milieugebundene Assoziation" (Kap. 8) gehen wird, die mit der Herausbildung neuer kommunikativer Milieus und einer "Kommunikationspastoral der Zwischenräume" ihre Zukunftsfähigkeit erweisen wird. - Erosion der Gnadenanstalt? Die Chance einer Kirche, die sich selbst als "ecclesia semper reformanda" versteht, ist die, diesen Wandel nicht als Verfall zu (miss)deuten und passiv zu erleiden, sondern in stets neuer Ausrichtung am Evangelisierungsauftrag ihres Stifters die notwendige Umgestaltung nicht als Anpassung, wohl aber als Angleichung an die Erfordernisse der jeweiligen Zeit und Kontext(e) kreativ zu gestalten. "Kirche am Ende? Von der Überzeugungs- zur Dienstleistungsorganisation" (Kap. 9) heißt Ebertz’ Ausblick. Man muss Michael N. Ebertz nicht in all seinen Schlussfolgerungen zustimmen, aber seine gründliche Analyse des Wandels der Sozialgestalt von Kirche ist gerade für Hauptberufliche und Ehrenamtliche in der Kirche eine wichtige Wahrnehmungshilfe, die zum Mit- und zum Nach-Denken einlädt und zu eigenen Schlussfolgerungen und Ausblicken anregt.



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