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Thonak, Sylvia: Religion in der Jugendforschung. Eine kritische Analyse der Shell-Jugendstudien in religionspädagogischer Absicht

Thonak, Sylvia: Religion in der Jugendforschung. Eine kritische Analyse der Shell-Jugendstudien in religionspädagogischer Absicht (Junge Lebenswelt, Bd. 2) - Münster u.a.: LIT Verlag. 2003. 331 S., EUR 19.90, ISBN 3-8258-6898-2.

Seit über 50 Jahren prägen die Shell-Studien das Bild der Jugend in der öffentlichen Meinung des deutschsprachigen Raums. Wenn es um Befindlichkeiten, Trends und Werte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht, bildet die jeweils aktuelle Shell-Studie eine quasi unantastbare "Zitationsinstanz", die von Politikern ebenso zu Rate gezogen wird wie von Meinungsforschern, Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, Kultusministerien und Kirchen. Die Behauptung ist sicher nicht übertrieben, dass den Shell-Jugendstudien im jugendsoziologischen Bereich eine Art "Nimbus der Unantastbarkeit" anhaftet.

An diesem Nimbus kratzt die hier vorzustellende religionspädagogische Dissertation ganz kräftig. Sie wurde im WS 2002/03 an der Evang.-Theol. Fakultät der Universität Münster (Gutachter: Chr. Grethlein/W. Engemann) eingereicht und nimmt das Thema "Religion" in den letzten drei Shell-Studien unter die Lupe. Dabei kommt die Verf. zu dem interessanten Ergebnis, dass zwar mit den Ergebnissen der Shell-Studien bis heute Jugendpolitik gemacht wird, der Bereich "Religion" innerhalb der Studien aber entweder in hohem Maße vorurteilsbelastet ist oder aber höchst lückenhaft behandelt wird. Wahrnehmung und Darstellung von "Religion" in den letzten Shell-Studien müssen sich zudem den Vorwurf des Reduktionismus gefallen lassen (289). Der Deutungsrahmen von "Religion" in den Shell-Studien geht nach Thonak in sehr verengter Weise davon aus, Religion existiere im Wesentlichen in der institutionellen Gestalt der großen Kirchen und sei insofern im Rahmen einer allgemeinen Säkularisierung dem sicheren Verfall preisgegeben. Dem stellt die Verf. gegenüber, die Phänomenologie der Formen gelebter Religion bei Jugendlichen in der postsäkularen Gesellschaft Deutschlands sei durchaus vielseitiger als es die Darstellungen der Jugendstudien aus den Jahren 1992, 1997 und 2000 suggerieren möchten. Thonaks These gipfelt in der bemerkenswerten Beobachtung, dass "Religion" und "Religiosität" bei den Items der Shell-Studien entweder unterbelichtet oder von den Autoren "versehentlich vergessen" (166) worden seien. Im Gegensatz dazu würden sie in den Interview-Beiträgen der Jugendlichen aber gerade nicht ausgeblendet, sondern teilweise sehr intensiv thematisiert.

Die methodologische Kritik an den Jugendstudien bildet auch den Ausgangspunkt für die Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit: In zwei Hauptkapiteln werden die 11. und 13. Jugendstudie untersucht (56-166, 172-276), die 12. Jugendstudie 1997 wird nur kurz behandelt (166-171), da hier das Thema Religion ja "versehentlich vergessen" worden war. Die 14. Jugendstudie erschien kurz nach der Fertigstellung der Dissertation und wird deshalb in einem Anhang ausgewertet (277-288). Thonaks These ist, dass sich der Religionsbegriff aller drei Shell-Studien zumeist auf die längst überholten kirchengemeindesoziologischen Thesen von R. Köster stützten (ders., Die Kirchentreuen, Stuttgart 1959). Dies lässt sich im Vergleich mit den Interview-Items tatsächlich plausibel nachweisen. Anstelle der veralteten Theorie Kösters setzt die Verf. die Jugendstudien zunächst mit der religionssoziologischen Theorie des Christentums von D. Rössler in Beziehung (Grundriss der Prakt. Theologie, Berlin/New York 21994), der nicht mehr zwischen Kernmitgliedern, Kirchgängern, Randmitgliedern und Nichtmitgliedern unterscheidet, sondern die neuzeitliche Gestalt des Christentums in einen privat-individuellen, einen kirchlichen und einen öffentlich-gesellschaftlichen Bereich gliedert (291). Aus Rösslers Ansatz ergibt sich nun in der Tat der Vorwurf - vor allem an die 11. Jugendstudie - , sie habe unter dem "Verfallsaspekt" zu sehr den kirchlichen Bereich in den Mittelpunkt gestellt, dabei aber den individuellen wie den öffentlich-gesellschaftlichen Aspekt von Religion ausgeblendet. Hier benennt die Verf. sehr klar einen nicht von der Hand zu weisenden Mangel am Religionsbegriff der Shell-Studien.

Um diesen unklaren Religionsbegriff genauer zu fassen, unternimmt die Verf. einen weiteren Analyseschritt, indem sie neben den soziologischen einen religionspsychologischen Deutungsrahmen stellt. Dabei stützt sie sich auf das in der Forschung etablierte Modell des finnischen Religionspädagogen Kalevi Tamminen, der "Religion" als multidimensionales anthropologisches Phänomen versteht (ders., Religiöse Entwicklung in Kindheit und Jugend, Frankfurt/M., Bern, New York 1993). Während die Jugendstudien nur zu zwei religiösen Dimensionen Items entwickelt haben, bietet Tamminen fünf Funktionen von Religion an, die eine klarere Phänomenologie des Begriffs erlauben: Die Erfahrungsdimension, die ideologische, intellektuelle, ritualistische und konsequentielle Dimension. Durch den Vergleich mit Tamminen wird deutlich, wie sehr die Shell-Studien jugendliche Religiosität auf die formale, rituelle Frequenz und Partizipation am konfessionellen Christentum reduzieren (165), dabei aber wesentliche andere Bereiche ausblenden.

Die Stärke der vorliegenden Arbeit liegt zum einen darin, dass sie aufzeigt, wie die Autoren der Shell-Studien in der Beurteilung einzelner Fragen, z.B. in der Einschätzung des Phänomens der Säkularisierung, offenbar veralteten Klischees aufgesessen sind, die dem neuesten Stand der religionspädagogischen Forschung nicht mehr standhalten. Eine andere Stärke der Arbeit liegt in ihrem wissenschaftstheoretischen Impuls: Zur Behebung der genannten Defizite fordert die Verf. die sozialwissenschaftliche Jugendforschung mit Recht auf, in Religionspädagogik und Theologie stärker als bisher die Bezugsgrößen für einen interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs zu sehen. Allderdings hält Thonak richtig fest, dass auch Religionspädagogik und Theologie ihrerseits die Möglichkeit wahrnehmen müssten, sich im "einseitig stummen Dialog" mit der Jugendforschung zu engagieren.

Mit der vorliegenden Arbeit ist zweifellos ein erster Schritt in diese Richtung getan. Der Band ist trotz des umfangreichen Datenmaterials flüssig lesbar geschrieben und leistet m.E. zweierlei: Erstens stellt er für wissenschaftlich arbeitende Religionspädagog/-innen eine ganze Reihe soziologischer Standards in Frage, auf die sich die Jugendforschung seit langem selbstverständlich stützt. Zweitens bestätigt er für alle, die in der täglichen Praxis der Schule oder der Jugendarbeit stehen, die Breite und Vielfalt jugendlicher Religiosität, keineswegs nur ihren Verfall oder gar ihre Nichtexistenz.

Christian Cebulj


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Eltrop, Bettina/Hecht, Anneliese (Hrsg.): Frauenbilder

Eltrop, Bettina/Hecht, Anneliese (Hrsg.): Frauenbilder(Frauen/Bibel/Arbeit; Bd. 1). - Stuttgart: Verlag Kath. Bibelwerk/Düsseldorf: Klens-Verlag. 1998. 80 S., DM 17.90 (ISBN 3-460-25218-2/KBW; 3-87309-157-7 Klens)

Das vorliegende Bändchen ist das erste einer neuen Reihe, mit der die Herausgeberinnen das Wissen und die Arbeit der Frauen in Bezug auf die Bibel aufzeigen und weitergeben, Anregungen für die praktische Umsetzung anbieten und Lebensthemen von Frauen aus biblischer Sicht in den Mittelpunkt stellen wollen (7 f.). Angekündigt sind nach diesem ersten die Hefte Frauenleben und Frauenstreit; vorgesehen sind zwei Hefte pro Jahr. Hier nun das Anliegen, "einen ersten Zugang zum Verstehen von biblischen Frauengeschichten (zu) wagen" (8). Entsprechend dem allen Bänden zugrunde liegenden Konzept stellt zunächst Sabine Bieberstein (auf sieben Seiten) grundlegende Überlegungen zum Thema "Frauenbilder der Bibel" vor, gibt ein paar Hinweise zur Hermeneutik der entsprechenden Texte und unternimmt eine erste Typisierung dieser Frauenbilder.

Es folgen in der Rubrik "Bibelarbeiten" sechs Beiträge zu einigen dieser Frauentypen, wobei alle Autorinnen zunächst die Frauen und das Besondere ihres Lebens in ihrem jeweiligen biblisch-historischen Kontext kurz vorstellen, um sodann eine mögliche Bibelarbeit zum Text vorzuschlagen, die dem Drei-Schritt "1. Auf den Bibeltext zugehen - 2. Den Bibeltext verstehen - 3. Mit dem Bibeltext weitergehen" folgt. Bearbeitet werden Textabschnitte über Die Tüchtige (Spr 31), Die Kluge (Abigajil, 1 Sam 25,2-42), Die Listige (Tamar, Gen 38), Die Dienende (Schwiegermutter des Petrus und Frauen aus Galiläa, Lk 8, 1-3; Mk 1,28-31; 15,41), Die Standhafte (Rizpa, 2 Sam 21,1-14), Die Prophetin (Maria, bes. Magnifika, Lk 1,46-55).

Abschließend folgt ein kurzes Kapitel (8 Seiten) zu methodischen Vorschlägen, welche mit der Zeit quasi ein "Handbuch der Bibelarbeit" (69) ergeben sollen. In diesem Band steht im Mittelpunkt das "Drei-Phasen-Modell", an welchem sich die Beiträge im zweiten Teil selbst orientiert hatten, als "Grundmodell für eine erfahrungs- und lebensbezogene Bibelarbeit": Verringerung des Abstands zwischen dem Text und mit/uns, Kennenlernen und genaues Erfassen des Textes inklusive historisch-kritischer und struktureller Arbeit, Transfer der gewonnenen Erkenntnisse auf unser Fühlen, Denken, Handeln. An dieser Stelle listen die Hg. einige für die unterschiedlichen Phasen geeigneten Methoden stichwortartig auf und verweisen zur Vertiefung auf zwei Monographien von Autorinnen des Redaktionskreises selber.

Überzeugend an diesem ersten Bändchen ist vor allem das gut abgestimmte und durchgehaltene Grundkonzept. Die einzelnen Teile sind aufeinander bezogen, man merkt die intensive redaktionelle Arbeit. Die Beiträge sind sehr leicht lesbar, auch Frauen zugänglich, die keine theologischen Studien absolviert haben, sich aber dennoch für Frauenbibelarbeit interessieren. Der o.a. Intention, einen "ersten Zugang" zu schaffen, entsprechen auch die sehr praktischen Hinweise für die Umsetzung des Drei-Phasen-Modells ebenso wie der wichtige Hinweis auf die Notwendigkeit einer klaren Zielfestlegung vor der methodischen Planung. Didaktik vor Methodik also, ohne dass diese Begriffe benützt würden (77).

Zu bemängeln ist, dass grundsätzlich die für die Erstellung der Beiträge verwendete Literatur nicht angegeben wird, weder individuell noch pauschal. Alle gegebenen Informationen waren schon an anderer Stelle nachzulesen, dort z.T. erheblich detaillierter. Selbst wenn es den Hg. nicht um eine wissenschaftliche Darstellung geht, sollten doch zumindest die Quellen zugänglich gemacht und die (zumeist Frauen) genannt werden, die die exegetische Vorarbeit geleistet haben.

Angesichts des Preises stellt sich allerdings die Frage, ob frau wirklich z.B. 48 DM in die ersten drei Bändchen investieren will oder ob der Griff zu ein oder zwei exegetischen Einführungen zum Thema plus einem neueren Methodenhandbuch nicht dieselben oder gar bessere Dienste täte. Ob die thematische Ordnung der vorgestellten Texte diese spezielle Anschaffung demgegenüber lohnt, hängt ab vom Konzept der angestrebten Frauenarbeit und werden die Folgebändchen zu zeigen haben.

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Hottinger, Arnold, Islamische Welt. Der Nahe Osten. Erfahrungen, Begegnungen, Analysen

Hottinger, Arnold: Islamische Welt. Der Nahe Osten. Erfahrungen, Begegnungen, Analysen. - Paderborn u. a.: Verlag Schöningh. 2004. 652 S., 2 Karten. - 49.90 (ISBN 3-506-71800-2

Wer in den vergangenen Jahrzehnten die Geschicke des Nahen Ostens aus politischer, kultureller oder religiöser Perspektive verfolgt hat, ist mit Sicherheit immer wieder dem herausragenden Nahost-Experten Arnold Hottinger von der Neuen Züricher Zeitung begegnet, dies nicht nur in Form seiner regelmäßigen Berichte und Analysen in der Presse, sondern auch als Autor wichtiger Werke aus den genannten Bereichen. Der Leser macht sich mit großen Erwartungen an die Lektüre des umfangreichen vorliegenden Werkes und wird nicht enttäuscht. Nach der Lektüre weniger Seiten steht er im Bann des Autors. Es bestechen sein klarer und floskelloser Stil, sein umfassendes aber sich nie in unnötiges Detail verlierende Wissen, seine messerscharfen Analysen und Ausblicke, nicht zuletzt aber seine Sensibilität und Humanität. Es gibt keinen bedeutenden Aspekt des geschichtsträchtigen Nahen Ostens, dieser von inneren Spannungen ebenso wie von von außen an sie herangetragenen Konflikten überreichen Region, den Hottinger in diesem monumentalen "Erfahrungsbericht" nicht als persönlich erlebt, reflektiert und erwogen auf den Prunkt gebracht hätte.

Nicht nur die politischen Analysen des Autors sind bedeutsam, sondern gerade seine durchweg originellen Einblicke und Einsichten, die sich aus seinem Erleben so vieler "magischer Orte" ergeben. Deren Beschreibungen bleiben im Gedächtnis haften. Unter den vielen etwa diese: Die Schilderung des Kerns der Altstadt von Damaskus mit dem Gang durch den großen Basar zur Umayyaden-Moschee. Hottinger erlebt sie "als Öffnung": "Im Zentrum dieses Getriebes öffnet sich ein weiter Raum, leer unter dem Himmel. Dies ist der Hof der großen Umayyaden-Moschee. Die Menschen treten durch den mit antiken Marmorfriesen reich verzierten Torrahmen über die erhöhte Schwelle auf den geheiligten Boden; ihre Schuhe streifen sie in lässiger, altgewöhnter Geste ab, dann richten sie sich auf in einer Welt der Öffnung und Ruhe, direkt unter dem plötzlich sichtbar gewordenen weithin leuchtenden Himmel" Der plötzliche Übergang aus dem gedrängten Marktleben in die große Lichte lässt aufatmen und aufblicken. Der Alltag fällt weg." (48)

Ebenso meisterhaft etwa auch die Beschreibung des "einzigartigen Basars von Aleppo" (90f.), die Erkundung der Stadt Hamadan und ihrer Zweischichtigkeit: "Die neuere Stadt war der alten übergelagert und in sie eingeschnitten, doch die alte beherbergte nach wie vor mehr und intensiveres, dichteres und intimeres Leben als die sie durchschneidenden und dann in die neuere Außenstadt fortgesetzten Boulevards, von denen man auf den ersten Blick glauben konnte, sie machten allein die ganze Stadt aus. Das Ganze konnte man leicht als ein Sinnbild der Lage ganz Persiens und aller Iraner auffassen."(148)

Weitere besonders gelungene Vignetten sind: Atatürk und die Aufklärung in der modernen Türkei (246); die Erklärung des Einflusses und der Macht der Ayatollahs (635), die Labyrinth-artigen Wirrungen und Irrungen der politischen Szene Syriens (338ff.) und nicht zuletzt auch die Analyse der Doppelnatur der libanesischen Politik (285f.; 344ff.) : "«L´état» auf arabisch hieß daula, und die daula war seit osmanischen Zeiten etwas Fremdes, meist Gewalttätiges, das man zähmen und täuschen musste wie einen Kampfstier und das man, wenn man tüchtig war und seinen wenig gelenkten Angriffen geschickt genug auswich, zum Schluss schlachten konnte."

Außerordentlich einsichtsreich und klar scheinen dem Rez. schließlich die letzen Abschnitte des Werkes, die von der arabischen und islamischen Welt seit der iranischen Revolution handeln. Es ist mir keine Analyse der Ereignisses im Nahen Osten während der letzen zwei bis drei Jahrzehnte bekannt, die auf so knapp bemessenem Raum eine schärfere Analyse der Ereignisse verbunden mit beachtlichen Wertungen und mit Ausblicken auf die Zukunft in so lesbarer Form bieten würde. Der "Nahost Experte und Korrespondent der NZZ", Arnold Hottinger, zeigt sich in diesem monumentalen Rückblick auf sein aktives Leben als einer der großen Meister seines Metiers.

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Schweitzer, Friedrich / Biesinger, Albert u.a., Gemeinsamkeiten stärken - Unterschieden gerecht werden. Erfahrungen und Perspektiven zum konfessionell

Schweitzer, Friedrich / Biesinger, Albert u.a., Gemeinsamkeiten stärken - Unterschieden gerecht werden. Erfahrungen und Perspektiven zum konfessionell-kooperativen ReligionsunterrichtVerlag Herder / Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2002, 255 S., - 19.90 (ISBN 3-451-27600-3 = Herder/ 3-579-05313-2 = Gütersloher Verlagshaus).

In den Diskussionen um den Religionsunterricht in der Grundschule gilt es als ausgemacht, dass heutige Kinder mit konfessionellen Zuordnungen und Unterschieden nichts anfangen können. Oftmals wissen viele Kinder bei der Einschulung nicht einmal, ob sie katholisch oder evangelisch sind, geschweige denn, dass sie mit Konfessionsbezeichnungen relevante religiöse Inhalte verbinden könnten. Im Alltag, etwa bei der Wahl von Freundinnen und Freunden, spielt die Konfessionszugehörigkeit ebenfalls keine Rolle. Aus diesen Beobachtungen zieht etwa der Arbeitskreis Grundschule in seinem Empfehlungen zur Neugestaltung der Primarstufe von 1996 die naheliegende Schlussfolgerung, dass die Trennung in konfessionelle Lerngruppen von den Kindern nicht verstanden werde und schon von daher pädagogisch nicht zu rechtfertigen sei. Die konfessionelle Trennung fördere vielmehr die Diskriminierung von religiösen Minderheiten und widerspreche damit fundamental dem integrativen Ansatz der Grundschulpädagogik. Doch sind die Beobachtungen richtig? Spielen konfessionelle Unterschiede und Zugehörigkeiten für Grundschülerinnen und Grundschüler tatsächlich keine Rolle?

Diesen Fragen sind die beiden Tübinger Religionspädagogen Albert Biesinger (katholisch) und Friedrich Schweitzer (evangelisch) im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojekts zur konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht nachgegangen. An 14 verschiedenen Grundschulen im weiteren Umfeld von Tübingen haben sie im Schuljahr 1998/ 1999 verschiedene Formen der konfessionellen Kooperation - von der Lehrerkooperation bei konfessionell getrennten Lerngruppen über Team-Teaching (katholische und evangelische Lehrkraft) in gemischtkonfessionellen Gruppen bis hin zum Religionsunterricht im Klassenverband - untersucht. Der Schwerpunkt der empirischen Studie lag auf der Untersuchung der Schülerperspektive, also der Frage, ob und wie die Kinder konfessionelle Unterschiede innerhalb und außerhalb des schulischen Religionsunterrichts wahrnehmen.

Bei der Auswertung der Schüleräußerungen kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass zwischen konfessionsspezifischen Erfahrungen und konfessionellem (Selbst-) Bewusstsein unterschieden werden muss. Viele Kinder haben Erfahrungen mit Gottesdiensten, Tauf-, Erstkommunion- oder Konfirmationsfeiern gemacht, ohne dass ihnen der konfessionelle Kontext dieser Vollzüge bewusst ist. Es ist somit falsch zu behaupten, Kinder brächten keinerlei konfessionelle Prägungen in die Schule mit. Sie bringen vielmehr konfessionelle Erfahrungen mit, die sie jedoch erst im Verlauf der weiteren kognitiven und sozialen Entwicklung mit Begriffen verbinden. Eine Beobachtung, die man übrigens auch im Sachkunde- oder Mathematikunterricht machen kann. Biesinger und Schweitzer folgern aus diesen Ergebnissen, dass die Thematisierung von konfessionellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Religionsunterricht ein Stück Welterschließung darstellt, das für den Bildungsauftrag der Grundschule bedeutsam ist.

Diese Schlussfolgerung wird noch durch ein weiteres Untersuchungsergebnis gestützt. Die Erschließung der Bedeutung von katholisch und evangelisch verbindet sich für Kinder mit der Frage nach der eigenen Selbstzuordnung, also mit der Frage "Was bin ich?". Grundschüler haben ein nachweisbar großes Interesse an der Beantwortung dieser Frage und auch daran, die Gründe für die unterschiedlichen Konfessionszugehörigkeiten kennen zu lernen. Ein schülerorientierter Religionsunterricht muss deshalb Raum für Fragen nach der eigenen Konfessionszugehörigkeit bieten. Die Unterscheidung zwischen "ihr" und "wir" führt übrigens fast nie zur Ausbildung von Vorurteilen gegenüber der anderen Konfession. Offenkundig können Kinder schon in der Grundschule lernen, mit Unterschieden produktiv umzugehen. Auch die Aufteilung in verschiedene Lerngruppen wird von ihnen deshalb nicht nur negativ gesehen.

Von entscheidender didaktisch-methodischer Bedeutung ist schließlich die Feststellung, dass Grundschulkinder vorwiegend die phänomenale und rituelle Dimension von Religion und Konfession wahrnehmen. Dieser kindgemäße Zugang zur Welt darf nicht, wie Schweitzer und Biesinger nachdrücklich betonen, als Konzentration auf bloße Äußerlichkeit abgewertet werden. Ein kindgerechter Religionsunterricht wird vielmehr dieser Dimension der Welterschließung zukünftig mehr Beachtung schenken. Er kann dabei an jüngste Überlegungen zu einem "performativen Religionsunterricht" anknüpfen (vgl. rhs 1/ 2002).

Auf der Grundlage dieser Forschungsergebnisse plädieren die Autoren für eine didaktisch definierte, phasenweise Kooperation von evangelischem und katholischem Religionsunterricht bei grundsätzlicher Beibehaltung des Konfessionalitätsprinzips auch in der Grundschule. An mehreren Beispielen zeigen sie, dass auch kontroverse Themen wie Maria, Martin Luther und Erstkommunion geeignet sind, konfessionell-kooperativ unterrichtet zu werden. Den Vorwurf einer "Ökumene des kleinsten gemeinsamen Nenners" kann man Schweitzer und Biesinger gewiss nicht machen. Im Vergleich der verschiedenen Formen konfessionell-kooperativen Unterrichtens hat das Team-Teaching klare Vorteile. Diese Unterrichtsform verbindet nicht nur die unterschiedlichen Kompetenzen und Perspektiven der evangelischen und katholischen Lehrkraft, sondern bietet den Schülerinnen und Schülern über die Identifikation mit einer Lehrerin oder einem Lehrer ihrer Konfession die Möglichkeit, die Frage nach der eigenen Zugehörigkeit auch in einer gemischtkonfessionellen Lerngruppe zu klären. Am Ende ihrer Studie kommen Biesinger und Schweitzer zu dem Schluss, dass eine phasenweise und themenbezogenen Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht die Entwicklung des konfessionellen (Selbst-) Bewusstseins fördert - übrigens nicht nur bei Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei Lehrerinnen und Lehrern.


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Kunstmann, Joachim, Religion und Bildung, Zur ästhetischen Signatur religiöser Bildungsprozesse (Religionspädagogik in pluraler Gesellschaft; Bd. 2)

Kunstmann, Joachim, Religion und Bildung, Zur ästhetischen Signatur religiöser Bildungsprozesse (Religionspädagogik in pluraler Gesellschaft; Bd. 2). - Freiburg u.a.: Verlag Herder / Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. 2002. 480 S., - 44.95 (ISBN 3-579-05291-8 = Gütersloher Verlagshaus / 3-451-27887-1 = Herder).

In seiner Autobiographie "Der singende Stotterer" (1983) schildert Walter Dirks, der Mitbegründer und Herausgeber der legendären Frankfurter Hefte, seine ersten kindlichen Eindrücke von der Eucharistie: "Die lange Geschichte meines Umgangs mit dem `Leib des Herrn´ (...) begann vor 75 Jahren, als der kleine dicke Dechant Z. eine schneeweiße reine runde Scheibe, in gotisches Gold gefasst, unter dem brokatenen Himmel durch die Straßen trug: Böllerschüsse, Glockenläuten, Bläserchoräle, kleine weißgekleidete Mädchen mit Kränzchen im Haar, der Duft der ermattenden Büsche am Straßenrand. Die Geschichte war von ihrem ersten Höhepunkt vor 70 Jahren an, der 'Erstkommunion', auf Strecken aufregend, den Kopf und das Herz beanspruchend und erhitzend, auf Strecken langweilig; aber immer wurde das, um was es jeweils ging, als wichtig, als zentral empfunden." Was Walter Dirks hier beschreibt, ist in pädagogischer Diktion ein Bildungserlebnis von offensichtlich lebensprägender Bedeutung. Das kirchliche Ritual, die religiöse und feierliche Atmosphäre, das Verhalten der Umstehenden, der Mitvollzug der Liturgie wecken in dem Kommunionkind den Sinn für das Geheimnis und die Schönheit der Eucharistie. Erst Jahre später wird er verstehen, was Eucharistie bedeutet und warum Christen sie feiern. Doch alles Wissen um biblische Einsetzungsberichte, um die historische Entwicklung der Messliturgie oder die dogmatischen Dispute um Realpräsenz und Transsubstantiation bleiben totes religions- oder christentumskundliches Wissen ohne das prägende Bildungserlebnis der Kindheit, ohne den Sinn für das Geheimnis der Eucharistie. Dieser Sinn wird nicht primär durch theologisches Nachdenken und historische Kenntnisse gewonnen, sondern durch ästhetische Erfahrung: durch die Wahrnehmung der feierlichen Atmosphäre der Fronleichnamsprozession und den Mitvollzug der Liturgie. In der Begegnung mit gelebter Religion entsteht und entwickelt sich die persönliche Religiosität des jungen Walter Dirks.

Dirks' autobiographische Anmerkungen zur Eucharistie veranschaulichen prägnant das Thema, das der evangelische Religionspädagoge Joachim Kunstmann in seiner Habilitationsschrift behandelt, nämlich das Verhältnis von Religion, Bildung und Ästhetik. Wie kann der christliche Glaube tradiert werden, wenn er nicht mehr durch Sozialisationsprozesse abgesichert und kaum mehr als fraglose Einübung in durch Tradition und Institution verbürgte Sprach- und Lebensformen geschehen kann? Die Antwort auf diese Frage findet Kunstmann in der spezifisch deutschen Tradition des Bildungsdiskurses, den er kenntnisreich von Meister Eckhart über Humboldt, Schiller und Schleiermacher bis zu Nietzsche rekonstruiert. Immer wieder trifft er auf Affinitäten und wechselseitige Abhängigkeiten von protestantischer Religion und Bildung, geht es doch beiden um die Entfaltung des Einzelnen. Man sollte hier nicht gleich die konfessionelle Differenz betonen. Denn auch die katholische Rede von der "Beheimatung in der Kirche" impliziert doch, dass der Einzelne durch diese Beheimatung zur eigenen Entfaltung kommt.

Richtig spannend wird die Lektüre jedoch erst im letzten Teil, wo Kunstmann der Frage nachgeht, was religiöse Bildung ist und wie sie erworben wird. Scharf und teilweise polemisch grenzt er sich einerseits gegen religionspädagogische Konzepte (z.B. der problemorientierte Religionsunterricht) ab, die den Sinn religiöser Bildung durch außerreligiöse Zwecke bestimmen, und andererseits gegen die immer wiederkehrenden Versuche, religiöse Bildung mit dem Erwerb von Katechismuswissen gleichzusetzen. Mit Schleiermacher betont er, dass Religion nur durch Religion gelernt werden kann, und den Verfechtern einer neuen Inhaltlichkeit des Religionsunterrichts gibt er zu bedenken, dass Religion sich nicht auf Dogmatik und Ethik reduzieren lässt. Religiöse Bildung beruht für Kunstmann primär auf ästhetischen Erfahrungen, auf der Wahrnehmung religiöser Formen und Gestalten in der Begegnung mit gelebter Religion. Denn Inhalte existieren nicht ohne Form und die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeige deutlich, dass das Verschwinden der Form schließlich zum Verschwinden der Inhalte führt. Folgerichtig avancieren Bibel, Kirchenbau und vor allem Liturgie zu den bevorzugten Medien religiöser Bildungsprozesse. Solche Thesen wirken im evangelischen Kontext provozierend, werden religiöse Formen und Gestalten doch traditionell zu den sogenannten Adiaphora gerechnet, die für den Glauben wohl nützlich, aber eben nicht notwendig sind. Der christliche Glaube aber ist keine Kombination von Dogmatik und Ethik, sondern vor allem ein Lebensvollzug. Jenseits der Glaubenspraxis verliert die christliche Lehre ihre lebensdeutende und lebensprägende Kraft. Ohne den "Sinn und Geschmack fürs Unendliche" (Schleiermacher) bleibt der Katechismus eine Sammlung toter Buchstaben.

Die Konsequenzen dieser These für den Religionsunterricht liegen auf der Hand. Ohne die Begegnung mit gelebter Religion, ohne den zumindest gelegentlichen Kontakt zu Orten und Räumen gelebten Glaubens verkommt der Religionsunterricht zur reinen Religions- oder Christentumskunde, die die Relevanz dessen, was gelernt werden soll, nicht mehr plausibel machen kann. "Religiöse Didaktik", fährt Kunstmann fort, "muss religiöse Praxisformen nicht nur reflektieren und besprechen, sondern immer erst ermöglichen." (435) Das kann im schulischen Religionsunterricht sicher nur ansatzweise geschehen, aber es muss geschehen. Denn religiöse Sprach- und Deutungskompetenz erwirbt man nicht allein im Medium theologischer Reflexion, sondern primär im Mitvollzug religiöser Praxis. Kunstmann bezieht sich hier ausdrücklich auf Karl Rahners Begriff der Mystagogie. Verwandte Überlegungen haben vor kurzen Bernhard Dressler und Rudolf Englert unter dem Label "performativer Religionsunterricht" angestellt (vgl. rhs 1/2002). Das Ziel religiöser Bildung ist für Kunstmann der gebildete Christ: "Ein gebildeter Christ wäre (...) als eine Person zu verstehen, die eine angemessene Form der Beheimatung in Formen und Deutungen der christlichen Tradition und Frömmigkeitspraxis erreicht hat bzw. anstrebt und die im Idealfalle auch die Kriterien der Wahl und die Vollzugsregeln der eigenen religiösen Praxis und Deutungsleistungen angeben könnte." (435)

Diese Zielbestimmung macht jedoch auch deutlich, dass ästhetische Wahrnehmung für religiöse Bildung zwar unerlässlich ist, diese aber nicht auf Ästhetik reduziert werden kann. Wer die Kriterien der Wahl und die Vollzugsregeln der eigenen religiösen Praxis angeben können soll, wird - gerade im Zeitalter des religiösen Pluralismus - auf Rationalität und Ethik nicht verzichten können. Der christliche Glaube erhebt einen Wahrheitsanspruch, den es nicht nur praktisch einzulösen, sondern auch theoretisch zu rechtfertigen gilt. Hier muss man sich jedoch vor falschen Alternativen hüten. Ästhetik und Ethik, Ästhetik und Politik müssen sich nicht widersprechen. Das zeigt die zitierte Autobiographie von Walter Dirks.


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Blum, Matthias/ Hölscher, Andreas (Hg.): Die Kunst der Glaubensvermittlung. Perspektiven zeitgemäßer Religionspädagogik (Berliner Schriften Bd. 17)

Blum, Matthias/ Hölscher, Andreas (Hg.): Die Kunst der Glaubensvermittlung. Perspektiven zeitgemäßer Religionspädagogik (Berliner Schriften Bd. 17). - Berlin: Morus Verlag. 2002. 278 S., EUR 24,90 (ISBN 3-87554-347-5)

Es gibt verschiedene Wege, in ein Studienfach oder eine Wissenschaftsdisziplin einzuführen. Man kann zentrale Themen und Methoden, Geschichte und Entwicklung eines Faches systematisch darstellen. Man kann aber auch führende Vertreter des Faches bitten, den gegenwärtigen Diskussionsstand zusammenzufassen und in einer möglichst allgemein verständlichen Sprache darzustellen. Zu letzterem haben sich die FU Berlin und das Seminar für Lehrerfortbildung des Erzbistums Berlin entschlossen, als sie 1999/ 2000 eine Ringvorlesung zum Thema Verdunstung des Glaubens? Religiöse Bildung in der pluralen Kultur und Gesellschaft initiierten und dazu führende Vertreter der katholischen Religionspädagogik einluden. Wer mit den religionspädagogischen Diskussionen der letzten beiden Jahrzehnten vertraut ist, wird in der Dokumentation der Vorlesungsreihe wenig Neues entdecken. Wer sich hingegen einen Überblick über die gegenwärtige katholische Religionspädagogik verschaffen will, dem verspricht der Band eine gewinnbringende Lektüre. Hier präsentiert sich die deutsche Religionspädagogik mit ihren Stärken, aber auch mit ihren Schwächen. Von beidem ist zu reden.

Der Weg durch die Religionspädagogik beginnt mit der Wahrnehmung und Deutung lebensweltlicher Religiosität. Religion ist heute diffus geworden, so die These des Kölner Dogmatikers Hans-Joachim Höhn. Die Postmoderne ist nicht religionslos. Wohl aber verliert Religion ihre inhaltliche und soziale Bestimmtheit. Religiöse oder religionsäquivalente Phänomene lassen sich in vielen Bereichen der Gesellschaft finden - vom Sport über Kunst und Kultur bis zur Warenästhetik und Werbung. Religion ist allgegenwärtig und deshalb nirgends konkret zu verorten. Diese religionsphänomenologische These wird vom Münsteraner Sozialethiker Karl Gabriel religionssoziologisch gestützt: Die Diffusion von Religion ist wesentlich eine Folge ihrer Pluralisierung und Individualisierung. Beide Autoren sehen im (post-) modernen Umgang mit Religion nicht nur eine Gefahr für Christentum und Kirche, sondern auch eine Chance, wenn die Kirche, wie Gabriel empfiehlt, die Rolle einer "freiheitsbewahrenden Distanzmacht" zum total werdenden Markt und seinen Zwängen einnimmt. Dieser Impuls wird leider von den im engeren Sinne religionspädagogischen Beiträgen kaum aufgenommen. Nur Norbert Mette macht hier eine Ausnahme. Er versucht, die Einsichten der "politischen Theologie" von Johann-Baptist Metz und Helmut Peukert religionspädagogisch fruchtbar zu machen.

Die anderen Beiträge beleuchten vor allem die traditionellen Orte religiöser Bildung, nämlich Schule, Gemeinde und Erwachsenenbildung. Werner Simon und Harald Schwillius erläutern Konzeption und Stellung des Religionsunterrichts in der Schule. Beide plädieren auch in Auseinandersetzung mit dem Fach LER in Brandenburg für einen konfessionellen Religionsunterricht, der Standortgebundenheit mit Offenheit gegenüber anderen Konfessionen und Religionen verbindet. Ein reichlich idealistisches Bild von Gemeindepädagogik zeichnet die Osnabrücker Pastoraltheologin Martina Blasberg-Kuhnke. Es gehört schon eine gewisse Erfahrungsresistenz dazu, die Gemeinde als primären Lernort des Glaubens zu deklarieren. Die freikirchlich inspirierte Gemeindetheologie übersieht geflissentlich, dass nur eine kleine Minderheit der Christinnen und Christen sich gemeindlich engagiert, dass es in der katholischen Kirche immer auch andere Vergemeinschaftungsformen gegeben hat und gibt und dass der religiöse Monopolanspruch der Gemeinde in der Terminologie von Ernst Troeltsch eher zum Sozialtypus "Sekte" passt. Von diesen Engführungen ist der Beitrag von Rudolf Englert frei. Er hält ein überzeugendes Plädoyer für eine kirchliche Erwachsenenbildung, die den christlichen Glauben über den Kreis der Gottesdienstgemeinde hinaus kommunikabel macht und zur Fermentierung der Gesellschaft mit christlichen Inspirationen beiträgt. Dass dies auch angesichts der offenkundigen Krise vieler kirchlicher Einrichtungen der Erwachsenenbildung noch möglich ist, zeigte jüngst die Diskussion von Jürgen Habermas und Kardinal Ratzinger in der Katholischen Akademie München. Sie hätte in einer Gemeinde wohl kaum stattgefunden.

Höchst anregend ist der abschließende Beitrag von Klaus Mertes SJ, dem Leiter des Canisius-Kollegs in Berlin. Er versteht Schulpastoral bewusst nicht als kirchliche Sozialarbeit an Lehrern und Schülern, sondern skizziert ein Konzept, das Schülerinnen und Schülern im Raum von Schule religiöse Erfahrungen eröffnen will. Seine praxisnahen Überlegungen zur Schulpastoral gehen damit über den Diskussionsrahmen des Bandes hinaus und verweisen auf neuere Überlegungen zu einem "performativen" oder "mystagogischen Religionsunterricht" (vgl. rhs 1/2002 und INFO 4/2003), der nicht nur an religiöse Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler anknüpfen, sondern ihnen auch neue Erfahrungen innerhalb und außerhalb von Schule ermöglichen will. Solch neue Konzepte einer "zeitgemäßen Religionspädagogik" - so der Untertitel - sucht man im dem Dokumentationsband jedoch ebenso vergeblich wie Bezüge zur gegenwärtigen Schulreformdebatte. Kritikwürdig ist auch das vergleichsweise harmlose Bild von Religion in der Postmoderne, das Höhn und Gabriel zeichnen. Spätestens der 11. September 2001 hat uns den offenkundig engen Zusammenhang von Religion und Gewalt wieder bewusst gemacht. Und auch wer Mel Gibsons Deutung der Passion Jesu als Blutorgie ablehnt, wird nicht leugnen können, dass im Zentrum des christlichen Glaubens ein tödlicher Gewaltakt steht. Religion ist keine harmlose Freizeitbeschäftigung. Hier geht es im Wortsinn um Leben und Tod. Eine Religionspädagogik, die "zeitgemäß" sein will, darf den Zusammenhang von Religion und Gewalt nicht ausblenden.

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