Papstkinder in der Renaissancezeit

Buchvorstellung - 09.01.2009

Alois Uhl
Papstkinder
Lebensbilder aus der Zeit der Renaissance

Düsseldorf: Patmos Verlag. 2003
200 S. m. Schwarzweißabb., € 18.00
ISBN 3-538-07160-8 Pick It!

Vom Umschlagtitel blickt den Leser das erotische Bild der Lucrezia Borgia an. Doch beim Durchblättern und Durchlesen ist man angenehm überrascht. Es werden keine neuen Skandalgeschichten ausgebreitet über das ach so schreckliche Papsttum. Alois Uhl hat ein ernst zu nehmendes Buch vorgelegt über eine Facette der Renaissance, die nach heutigem Verständnis nicht mit der priester

Neben dem so genannten „saeculum obscurum“, dem 10. Jahrhundert, wissen wir von Papstkindern sicher nur aus der Zeit zwischen Pius II. und Gregor XIII., also von der Mitte des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Es handelt sich um 20 Kinder von fünf Päpsten, die von ihren Papstvätern anerkannt wurden und die in der Öffentlichkeit als Papstkinder aufgetreten sind. Von zwei Päpsten wissen wir von insgesamt fünf Kindern, über die jedoch nicht viel bekannt ist. Sechs weitere Päpste hatten vermutlich ebenfalls Kinder, erkannten diese jedoch nicht öffentlich an. Uhl erklärt die Häufung dieses Phänomens in der Renaissance mit dem luxuriösen Lebensstil der sich in erster Linie als Macht- und Repräsentationsmenschen fühlenden Kirchenleute, mit der Bedeutung der Sorge für die eigene Familie und Dynastie und mit einer Sexualisierung der Öffentlichkeit, wodurch die Kurtisane eine gesellschaftliche Stellung erhielt. Humanistische Bildung, verbunden mit Mäzenatentum und großzügiger Hofhaltung sind weitere Hintergründe für eine Zeit, in der die Leitung der Kirche oft nicht an erster Stelle zu stehen schien. Illegitime Kinder waren in Adels- und Bürgerkreisen selbstverständlich und wurden als Teil der Adels- und hohen Bürgerschicht akzeptiert.

Alois Uhl geht der Reihe nach zunächst die Mütter und dann die Kinder durch und versucht, ihr Leben zu rekonstruieren. Im Mittelpunkt steht dabei Papst Alexander VI., dessen zehn Nachkommen aus mindestens vier Beziehungen den Großteil der Papstkinder ausmachen. Wie kein anderer hat der Borgia-Papst versucht, „Familie und Papsttum unter einen Hut zu bringen“ (S. 73). Persönlich eher bescheiden lebend, bekannte er sich zu allen seinen Kindern, die er mit entsprechenden Ehepartnern verheiratete und versorgte. Eine Sonderstellung nehmen die Kinder aus der Verbindung mit Vanozza Cattanei ein, von denen Cesare und Lucrezia Borgia auch der Nachwelt bekannt sind. An Cesare lassen sich Aufstieg und Absturz eines Papstsohnes am deutlichsten verfolgen. Lucrezia erfährt von Uhl eine Ehrenrettung. Sie erscheint als ein Rädchen im Getriebe der Macht, die zum Knüpfen dynastischer Beziehungen eingesetzt wird und sich willig in ihr Schicksal fügt. An den Borgia-Söhnen lässt sich auch ablesen, wie gefährlich es sein konnte, Kind eines Papstes zu sein.

Eine Geliebte Alexanders VI., Giulia Farnese, stand über ihren Bruder Alessandro, den späteren Paul III., am Beginn einer weiteren Dynastie. Alessandro Farnese hatte vier Kinder und 16 Enkel. Als er mit 67 Jahren zum Papst gewählt wurde, ernannte er drei Enkel zu Kardinälen. Dass dies keine Einzelfälle waren, sondern die Nachkommen der Päpste bis weit in die Neuzeit hinein unter den führenden Männern der Kirche waren, zeigt das Forschungsergebnis von Christoph Weber, der von 1493 bis 1899 insgesamt 114 Nachfahren von Päpsten unter den Kardinälen gezählt hat.

Die Quellenlage, so Uhl in seinem Schlusskapitel, ist in Bezug auf die Papstkinder durchaus unterschiedlich. Der rege Briefwechsel der Renaissancemenschen erleichtert die Spurensuche. Andererseits haben zeitgenössische Kritiker bereits früh den Blick auf die Wirklichkeit versperrt. Manche Monumente erinnern aber bis heute an die Familiensorge der Päpste. Es sind Grabplatten wie die vor wenigen Jahrzehnten wiederentdeckte der Vanozza Cattanei, Grabdenkmäler, Paläste und Kirchen, auf denen die dynastische Zugehörigkeit der Erbauer der Nachwelt bekannt gemacht wird.

Joachim Schmiedl

Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 33 (2004), Heft 1, S. 46f.

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