Die Autorinnen erzählen in einem liebevoll gestalteten Buch von Pionieren der Biologie und verschweigen deren Motive, die oft theologischer Herkunft waren, nicht.
Andrea Grill, Raffaela Schöbitz:
Sam und die Evolution
Eine kurze Geschichte der Evolutionsbiologie
Innsbruck (Tyrolia) 2022
Hardcover 146 durchgehend illustrierte Seiten
ISBN 3702240462
24,95 €
Biologie erzählen
Die Autorinnen erzählen die Geschichte der Biologie eingebettet in die Rahmengeschichte, in der Samuel, genannt Sam, einen bislang unbekannten Käfer entdeckt. Daraufhin begegnet er den Kollegen seiner Mutter, die Biologin ist, und erfährt nebenbei von den Pionieren der Biologie.
Antike und Mittelalter
Die Erzählung beginnt mit Aristoteles und seinem Schüler Lykeion, die allen Pflanzen und Tieren zweiteilige Namen gaben, wie es bis heute üblich ist. Im Mittelalter greift Thomas von Aquino die aristotelischen Ordnungsprinzipien auf und schließt aus der wohlgeordneten Natur auf den ordnenden Schöpfer. Weil die Biologie in dieser Zeit maßgeblich von Priestern vorangebracht wurde, erzählen die Autorinnen in diesem Zusammenhang auch vom Ursprung des Christentums.
Neuzeit
Carl von Linné, der Erfinder der biologischen Systematik, stammte aus einer Pfarrersfamilie und die Idee, die ihn antrieb, war die göttliche Logik der Schöpfung sichtbar zu machen. Ein Sprichwort sagt: „Gott hat es geschaffen, Linné hat es geordnet.“ Das Motiv, die göttliche Ordnung zu entschlüsseln, bewegte auch Jean Baptiste Lamarck, der als erster von der natürlichen Verwandtschaft der Lebewesen ausging, und erst recht Gregor Mendel, der sich mit den Regeln der Vererbung befasste. Bekanntlich war auch Charles Darwin von Beruf Pastor der englischen Kirche, und Alfred Wallace, der zeitgleich eine Evolutionstheorie entwickelte, wird als sehr spiritueller Mensch beschrieben.
Die Geschichte der Erforschung des Lebens im Zwanzigsten Jahrhundert ist von der synthetischen Evolutionslehre und der rasanten Entwicklung der Biochemie gekennzeichnet. Die Autorinnen erzählen von einigen berühmten Feldforscherinnen, und zuletzt kehrt die Geschichte zu dem Hügel zurück, auf dem Samuel „seinen“ Käfer entdeckt hat.
Fazit
Die Autorinnen outen sich nicht als gläubige Christen; ihnen ist einfach an einer fairen Darstellung der Motive gelegen, die die großen Naturforscher bewegt haben. Wenn im Religionsunterricht das Thema Schöpfung aufgerufen wird, könnten sich Unterrichtende in diesem Buch Anregungen holen oder den Lernenden das Buch, wenn es in der Schulbibliothek vorhanden ist, zur Lektüre empfehlen. Eine schöne Ergänzung hätte sein können, auf die Naturbegeisterung in weiten Kreisen der Bevölkerung einzugehen, die in Liedern wie „Geh aus mein Herz und suche Freud“ von Paul Gerhardt und den Werken Barthold Hinrich Brockes – „Irdisches Vergnügen in Gott“ - Ausdruck gefunden hat.
Eine Rezension von Karl Vörckel