Oswald Rufeisen - Bruder Daniel

Buchvorstellung - 08.11.2010

Ludmilla Ulitzkaja
Daniel Stein

München: Hanser-Verlag 2009
496 Seiten
ISBN 978-3-446-23279-2

Ludmilla Ulitzkajas Buch sind zwei Verse aus dem vierzehnten Kapitel des 1. Korintherbriefes vorangestellt: „Ich danke Gott, dass ich mehr in Zungen rede als ihr alle. Aber ich will in der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit meinem Verstand (…) als zehntausend Worte in Zungen“ – schon das macht Ulitzkajas Buch für das Gespräch zwischen Theologie und Literatur interessant. Weit mehr aber noch, dass die von der 1943 in Moskau geborenen Autorin geschaffene Figur mit Bruder Daniel, im bürgerlichen Leben Oswald Rufeisen, „fast identisch ist“, wie Ludmilla Ulitzkaja im Vorwort schreibt.
 

Oswald Rufeisen, ein 1922 in Polen geborener Jude, besuchte eine deutschsprachige Schule und organisierte als Dolmetscher für die Gestapo und die NKWD die Flucht von dreihundert Menschen aus einem Ghetto. Dreimal wurde er zum Tode verurteilt, mehrfach schwebte er in Lebensgefahr und überlebte immer nur durch glückliche Zufälle. Er selber war der festen Überzeugung, seine Rettung nur Gott verdanken zu können. Die zweite Hälfte seines Lebens verbrachte Oswald Rufeisen als Bruder Daniel, da er zum christlichen Glauben konvertierte und späterhin katholischer Mönch und Priester wurde. In Israel baut er eine Gemeinde nach dem Vorbild der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem auf, die Kirche des Jakobus, in der Juden und Christen in der Frühzeit des Christentums noch in friedlicher Koexistenz lebten. „Er war überzeugt“, schreibt Ludmilla Ulitzkaja, „dass richtiges Handeln wichtiger sei als jede Lehre und gerechtes Leben mehr wert als Dogmen, Deklarationen und Gesetzestexte.“

Bruder Daniel saß sein ganzes Leben hindurch zwischen allen Stühlen: für die Juden war er kein „richtiger“ Jude, für die Kirche keine „richtiger“ Priester. Was von dem heute auf dem arabischen Friedhof in Haifa begrabenen Oswald Rufeisen alias Bruder Daniel, dem der Staat Israel die Staatsbürgerschaft verweigerte und dem in seinem Todesjahr 1998 die Päpstliche Glaubenskongregation weitere Gottesdienste untersagte, geblieben ist, ist das Lebensbild eines Idealisten, der für die Versöhnung der Völker und Religionen eintreten wollte und der vor allen Unterschieden das Gemeinsame zu betonen suchte. Im Roman wird Daniel Stein von Johannes Paul II zu einem Gespräch empfangen, indem der eher wie ein Gärtner oder Marktschreier aussehende Daniel dem Landsmann Karol Woytila vorwirft, die Kirche habe die Juden „über Bord geworfen“ und er, Bruder Daniel, wolle an die Urkirche, an die „Mutterkirche“, wie er es nennt, wieder anknüpfen.

Ulitzkajas in Russland bereits 2006 erschienenes Buch ist ein echter Lesegenuss für alle, die historisch grundierte, sauber recherchierte Erzählungen mögen. Der Roman hat aber gerade darin auch seine Schwäche, weil Ulitzkaja zu sehr in Sachbuch- und Dokumentartiefen steckenbleibt. Ihr Held ist über alle Irrtümer und blinde Flecken erhaben, ist keine gebrochene Gestalt, keine sich in Idealismen und Widersprüchen verstrickende Gestalt. Dennoch ist Ulitzkajas Roman, der nicht chronologisch erzählt, sondern in Versatzstücken, Rückblenden, Blitzlichtern komponiert ist, ein – wie Wilfried F. Schoeller ihn genannt hat – „Palimpsest des Glaubens und Vertrauens“, der angesichts der Diskussionen um „Judenmission“, Karfreitagsfürbitte und den Einlassungen eines Holocaust-Leugners aus den Reihen der Pius-Brüder von einer völlig unverdächtigen Seite her bedrückend aktuell ist und – da bereits 2006 erschienen – nahezu vorausschauend geschrieben zu sein scheint.

Thomas Meurer (+)
Buchtipp des Monats Mai 2009 bei http://www.theologie-und-literatur.de
 

Was gehört zu den Buchvorstellungen zum Thema "Literatur - Kultur"
Literatur für Kinder, Jugendliche und Erwachsene: Romane, Erzählungen, Bilderbücher, Lyrik mit religiösem Hintergrund - Historische Romane - Biographische Werke - Abhandlungen über literarische Werke;
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Themenbereich Kirche  
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Thema Feste Lehrplanbezug

 

Das Thema "Feste im Jahreskreis" ist in den Lehrplänen der Bundesländer mit sehr unterschiedlicher Ausführlichkeit und Gewichtung berücksichtigt. Man wird das Thema in der Regel nicht als geschlossene Unterrichtsreihe "durchnehmen", sondern passend zur Jahreszeit immer wieder einmal aufgreifen. Gerade bei den Heiligenfesten sind regionale Besonderheiten für den Religionsunterricht relevant, für die man in den Veröffentlichungen der einzelnen Diözesen Unterrichtsmaterialien findet.

 

 

Lernziel Unterrichtsbeschreibung Unterrichtsmaterial Alternativen
Advent und Weihnachten Unterrichtsidee Ein Besuch in Newgrange Duccio Di Boninsegna: Geburt Christi ca 1310 Alternativen
Ostern Unterrichtsidee Bilder von Rembrandt van Rhijn (1606-1669) Präsentation. Jesus wandert nach Emmaus Lehrvortrag: Jesus wandert nach Emmaus  
Pessach und Ostern Lehrvortrag Präsentation Vier typische Osterbilder Links und Erläuterungen
Pfingsten Stationenlernen Evangelium Bilder und Hymnen: siehe Stationenlernen  
Erntedank Allerheiligen Sankt Martin rpp Schwerpunkt Unterrichtsmaterial im Schwerpunkt Alternativen

 

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