Katja Behrens
Der kleine Mausche aus Dessau. Moses Mendelssohns Reise nach Berlin im Jahre 1743
München: Hanser-Verlag 2009
208 Seiten
ISBN 978-3-446-23305-8
Ein Kinder- und Jugendbuch zu empfehlen, ist immer ein Wagnis. Und doch in der Vorweihnachtszeit vielleicht insofern gerechtfertigt, als manche Großeltern, Eltern und nahe Verwandte nach dem passenden Geschenktipp für den lesehungrigen Nachwuchs suchen, der nicht nur Vampir-Geschichten bis zum Morgengrauen liest.
Katja Behrens, mehrfach preisgekrönte (z.B. mit dem Luchs 2002) Autorin vieler Kinder- und Jugendbücher, die sich entweder historischen Figuren oder biblisch-jüdischen Themen zuwenden, hat mit „Der kleine Mausche aus Dessau“ ein Buch auf den Markt gebracht, das beim jüngeren Lesepublikum angesichts der Zauberlehrlinge und der verliebten Untoten, die dieses Genre im Augenblick bevölkern, seine liebe Not haben wird. Vielleicht ist es aber gerade deshalb auch ein Buch, für das sich erwachsene Leser ebenso interessieren.
Erzählt wird die Geschichte des Vierzehnjährigen Moses Mendelssohn, der sich im Oktober 1743 zu Fuß auf die Reise von Dessau nach Berlin macht, um dort bei seinem Lehrer David Fränkel zu lernen, der Mausche in Dessau kennengelernt und gewissermaßen „entdeckt“ hatte. Obwohl schwach, bucklig und insgesamt eher unansehnlich, dabei noch über die Maßen scheu und schüchtern, ist Mausche nämlich das, was man heute gerne „hochbegabt“ nennt, einer also, der es mit Vierzehn schon mit den großen Geistern im Disput aufnehmen kann. Eine solche Reise von Dessau nach Berlin ist im Jahr 1743 alles andere als ein Klacks. Unterwegs lauern Gefahren, hetzt man den als Juden erkennbaren Jungen. Katja Behrens hat eine Art literarischen Roadmovie einer jungen Geistesgröße vorgelegt, der auf seinem einsamen Weg von seinem Buch, der Bibel, begleitet wird. „Mausche rettete sich in sein Buch“, heißt es einmal. Da liest Mausche aus dem Kohelet, erliest sich daraus seine Weltsicht: „dass auch er eingebunden war in den Bund des Lebens: ein teil des Ganzen, in dem alles seine Zeit hatte… Alles hatte seinen Platz und durfte sein. … Es durfte sein, weil es war.“ (132f).
Also nicht nur ein Buch über eine lange Reise, sondern auch über das Lesen, über die Kraft, die einem aus der (biblischen!) Literatur zuwächst und die einen auf dem Weg immer wieder neu stärkt. Es gibt viele Gründe, Katja Behrens „Mausche“ an Jugendliche zu verschenken, die in vielem anders sind und in anderen Zeiten leben, als der vierzehnjährige Mendelssohn. Und es gibt ebenso viele Gründe, es selber zu lesen.
Thomas Meurer (+)
Buchtipp des Monats Dezember 2009 bei http://www.theologie-und-literatur.de