Bertram Stubenrauch
Dreifaltigkeit
(Topos plus Tb.; Bd. 434)
Kevelaer. Verlagsgemeinschaft Topos plus. 2002
151 S., EURO 8.90
ISBN 3-7867-8434-5
„Wenn Christinnen und Christen, denen der Glaube etwas bedeutet, Auskunft über Gott geben, reden sie vom Vater, vom Sohn und vom Heiligen Geist“: Mit dieser Feststellung beginnt Bertram Stubenrauch seine kurzgefasste Einführung in die christliche Trinitätslehre (7). Wieder einmal ist es der „Topos plus Verlagsgemeinschaft“ gelungen, ein gut verständliches, theologisch tiefes und spannend lesbares Werk (in der schon vertrauten Aufmachung: zusammenfassende Tabellen, veranschaulichende Bilder, wichtige Quellentexte in deutscher Übersetzung, kleines Wörterbuch am Ende des Bändchens usw.) vorzulegen – und dies bei einem so schwierigen und komplexen Thema.
Der Wiener Dogmatiker gliedert sein Werk wie folgt: 1. Die Herausforderung. 2. Das Neue Testament. 3. Das Dogma. 4. Die Praxis. – Von Anfang an springen zwei Dinge in die Augen: Erstens geht Stubenrauch konsequent vom Beten des Christen und von der Feier der Liturgie aus (vgl. 7.14.29.39 u.ö.), wo längst trinitarisch geredet wird, bevor theologisch darüber reflektiert und spekuliert wird. Zweitens schreitet die Trinitätslehre bei ihm keineswegs vom Vater zum Sohn und von dort zum Heiligen Geist vor, wie man es erwarten könnte, sondern gerade umgekehrt: Die Beschreibung des dreifaltigen Geistes hat mit der Wirklichkeit des Pneuma zu beginnen, denn es gehört zur grundlegenden Erfahrung der christlichen Glaubensgemeinschaft, „im Heiligen Geist mit dem beschenkt zu sein, was des Sohnes und des Vaters ist“ (16f.).
Die Herausforderung wird dabei klar markiert: Steht das, was Christen in ihren Gottesdiensten tun, wenn sie zum Vater, zum Sohn und zum Heiligen Geist beten, nicht „im Widerspruch zum biblischen Glauben an den einen und einzigen Herrn des Himmels und der Erde?“ (7) Der Monotheismus Israels als unverzichtbarer Ausgangspunkt und Rahmen wird stets gegenwärtig gehalten und der Hellenisierungsvorwurf, den zuletzt noch einmal Karl-Heinz Ohlig massiv erhoben hatte (Ein Gott in drei Personen? Vom Vater Jesu zum „Mysterium“ der Trinität, Mainz-Luzern 1999; 2. Aufl., 2000), wird überzeugend entkräftigt. Stubenrauch meint mit Gisbert Greshake (Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg-Basel-Wien 1997; 4. Aufl., 2001), „dass die Vision vom dreieinen Gott nicht als exotisches Sondergut im ansonsten trinitarisch unberührten Areal der Glaubenswelt dasteht“, sondern die Theologie und das christliche Leben von Anfang an „im Innersten“ bestimmt hat (13). Darum hält sich Stubenrauch ausführlich beim Neuen Testament auf (40 Seiten!) und vermag so den Vorwurf zu entkräften, es handle sich bei der Dreifaltigkeitslehre um eine nachträgliche Verfremdung der „echten“ jesuanischen Botschaft. Auch hier erschließen sich die Aussagen über „Vater“, „Sohn“ und „Geist“ von der Pneumatologie her, die zutiefst mit dem Gebetsvollzug verbunden ist (vgl. Gal 4,4-7). Hier wird noch keine systematische Trinitätslehre entfaltet, wohl aber stößt der Leser / die Leserin auf all jene Sachverhalte, die „zu denken geben“ und in der späteren dogmatischen Entwicklung (wiederum 40 Seiten bei Stubenrauch!) gerade gesichert werden sollen. Auch hier wird der vorgegebene (!) liturgische Kontext festgehalten (der sog. Taufbefehl in Mt 28,18b-20a; die Tauf- und Eucharistiefeiern mit ihren trinitarischen Formeln, Gebeten, Doxologien usw.); nicht, wie Ohlig meint, ein fremdes philosophisches Denken wird einem ursprünglichen Glaubensinhalt aufgepfropft, sondern es sind umgekehrt die vom Dogma abgelehnten Positionen (v.a. der Arianismus), die sich „den kulturellen Zwängen des dritten und vierten Jahrhunderts“ beugen (78). Gerade in der Rückbindung an die lebendige Glaubenspraxis der Christen gewinnen die dogmatischen Positionen, die in ihren großen Repräsentanten und Texten vorgestellt werden, ihre unverzichtbare Bedeutung, auch wenn sie die persönliche Erfahrung der Augen- und Ohrenzeugen Jesu, in der die Trinitätslehre ursprünglich wurzelt, nicht mehr so deutlich widerspiegeln (93.96). Das letzte Stichwort „Praxis“ führt ein wenig in die Irre, denn es geht eher um die Aneignung des dogmatisch Formulierten insgesamt, also nicht nur im Bereich persönlicher Spiritualität und konkreter kirchlicher Praxis, sondern auch in theologischer Hinsicht (weshalb auch knappe Ausführungen zu Themen wie „Perichorese“, „Personbegriff“, „Gnade“ u.a. in diesen Zusammenhang eingeschaltet werden). Insgesamt bietet dieses letzte Kapitel vielleicht eine zu große Fülle von Inhalten, so dass man sich eine stärkere Konzentration auf den wirklich praktischen Umgang mit der Trinitätslehre heute wünschen würde. Doch auch dazu wird einiges an Hilfreichem gesagt, wobei besonders der letzte Abschnitt über „Trinität und Kirche“ heraussticht.
Ernsthafte kritische Rückfragen richten sich höchstens gegen Stubenrauchs eigenen Versuch zu einer Neuformulierung der klassischen Formel von „einem Gott in drei Personen“. Immerhin ist die Absicht zu würdigen, die Begriffe – die ja von der Sache schon deswegen zu trennen sind, weil sich etwa der Personbegriff in seinem Verständnis seit dem 4. Jahrhundert grundlegend gewandelt hat – in einer Weise zu revidieren, dass damit der ursprüngliche Sinn gewahrt wird. Doch ob es wirklich hilfreich ist, von „einer Person in drei Persönlichkeiten“ zu sprechen (vgl. 115-119, bes. 116), möchte ich doch sehr in Zweifel ziehen, da die dahinter stehende Absicht (einerseits einen Tritheismus, andererseits eine Neudefinition von „Person“ in Differenz zum heutigen Alltagsverständnis zu vermeiden) schon deshalb ins Leere zielt, weil der Persönlichkeitsbegriff ja noch viel mehr an selbstständige Individuen nebeneinander denken lässt als ein inzwischen auch philosophisch von einem bloßen Individualismus befreites Personverständnis.
Dieser Einwand entkräftet freilich nicht die großartige Leistung Bertram Stubenrauchs. Sowohl interessierte Laien wie berufsmäßig mit theologischen Inhalten arbeitende Christen werden das kleine Buch über das große Thema sicher mit viel Gewinn durcharbeiten – und vielleicht gerade dort ankommen, wo die christliche Rede über die Dreifaltigkeit ihren Anfang genommen hat und immer neu nehmen muss: beim Lobpreis Gottes.
Alfons Knoll
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 33 (2004), Heft 4, S. 273f.