Systematische Theologie: Credo

Buchvorstellung - 14.11.2009

Klaus von Stosch
Einführung in die SystematischeTheologie
(UTB 2819)

Paderborn, Verlag Schöningh 2006
352 Seiten
ISBN 978-3-8252-2819-4

Klaus von Stosch, wissenschaftlicher Assistent von Hans-Joachim Höhn (Köln) und Privatdozent an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Münster, bietet eine Einführung in die Systematische Theologie (unter Ausschluss der Ethik, was den Titel etwas irreführend macht), die erfrischend von üblichen Kompendien und flächigmonologischen Darstellungen abweicht.

Er orientiert sich an der triadischen Struktur des Credo, mischt aber Textgenres und Methoden. Fiktive Dialoge zwischen dem philosophierenden Macho Albert und der intellektuell-frommen Theologiestudentin Maria eröffnen den jeweiligen Problemhorizont der systematischen Fragestellung – eine didaktische Reduktion mit beachtlichem Mitnehmereffekt, auch wenn der theologisch-weibliche Part (die augenzwinkernde Ironie ist spürbar) nicht selten halbverarbeitete und angelernte Diskursweisheiten vor allem aus dem theologischen Biotop Münster zum Besten gibt und damit natürlich ihren Gesprächspartner irritiert. Für Kenner der Szene sind überhaupt die vielfältigen freundlichen Spitzen ein besonderer Lesereiz, wenn z. B. der Marathonläufer und „verehrte HJH“ (100 bzw. 166: Hans-Joachim Höhn) bzw. namentlich oder anonym die Meinungsführer der Münsteraner Theologie durch den Text geistern. Diese anregende, weil die theologische Streitpunkte situierende und diskussionswürdig machende „Propädeutik“ wird jeweils durch einen theologiegeschichtlichen Input vertieft und um aktuelle strittige Gesprächspunkte erweitert. Profilierte Diskursteilnehmer werden mit gut verständlichen Porträts ihrer systematischen Beiträge am passenden Ort eingeführt (Thomas von Aquin, Karl Barth, Wolfhart Pannenberg, Johann Baptist Metz, Romano Guardini, Rudolf Bultmann, Dietrich Bonheffer, Hans Urs von Balthasar, Karl Rahner, Dorothee Sölle, Martin Luther, John Hick, Jürgen Werbick). So bekommt der Diskurs Gesicht und Gestalt. Im Einzelnen: Stosch betreibt keine spezifische Dogmatik oder dogmatische Prinzipienlehre, sondern folgt der klassischen Einteilung der Fundamentaltheologie in die drei Kapitel von quaestio religiosa, christiana und catholica (Gott, Christus, Kirche).

n Anlehnung an Anselm und Thomas entwickelt er im ersten Kapitel (13-129) Grundbegriffe von Gottes trinitarischem Wesen und Handeln. Er führt den Begriff der Offenbarung ein (nicht den der Schöpfung, der eigenartiger Weise erst nachträglich christologisch profiliert wird: 168-171), betont mit M. Striet entschieden das affirmative Anliegen der Theologie (60-65) und entfaltet die Probleme der Theodizeefrage (umsichtig und entschieden, wenn er die Probleme der free will defense auf J. B. Metz hin expliziert: 95-129). Vom kirchlichen Bekenntnis her eröffnet Stosch das christologische Kapitel (133-222) mit der Basiskategorie der Kenosis; er diskutiert Anspruch und Probleme des Osterglaubens, der Soteriologie und der Eschatologie. Das dritte Kapitel (226-292) führt im Eröffnungsdialog zu einer griffigen Bestimmung des Dogma- Begriffs (230ff.), um dann Gottes Handeln im Geist als Eröffnung des Freiheitsraums Kirche zu entfalten. Den „Streitfall Unfehlbarkeit“ (240- 243) und die Gesprächspunkte ökumenischer Theologie rekonstruiert Stosch behutsam und einladend. Weniger einleuchtend scheint mir, dass er den Grundbegriff der personal-dialogischen Gotteserfahrung erst hier im Zusammenhang mit den sakramentalen Realsymbolen (261-267) einführt, ihn aber im ersten Kapitel zugunsten eines etwas „kopflastigen“ anselmianischen Gottesbegriffs ausspart. Das vierte und letzte Kapitel behandelt nicht, wie vielleicht nach dem herkömmlichen fundamentaltheologischen Muster zu erwarten wäre, die theologische Erkenntnislehre, sondern zwei Grundfragen der „Glaubensverantwortung heute“ (295-343): Es geht um die Verantwortung der einenWahrheit angesichts der vielen Religionen (und dabei um den Testfall eines religionstheologischen Konzepts, nämlich um die Verhältnisbestimmung von Judentum und Christentum) sowie um eine insgesamt abschließende Reflexion, wie christlicher Glaube zu denken gibt – das klassische, aber neu artikulierte Verhältnis von Glaube und Vernunft.
Stosch hat ein anspruchsvolles Buch geschrieben, das sich dem aktuellen theologischen Diskurs ausdrücklich vom Credo her stellt und dennoch ein (wenn auch nicht immer leicht zu lesendes) Lehr- und Arbeitsbuch ist (vgl. jeweils die Aufgaben und Lesehinweise, vor allem die – ein seltener Fall! – vorzüglichen Grafiken). Dieses Buch unterläuft die weitverbreiteten religionspädagogischen Versuche, eine bedürfnisorientierte und als anthropologisch etikettierte Theologie „light“ zu liefern. Von den angedeuteten systematischen Anfragen einmal abgesehen, die ja nur die systematische Diskussionswürdigkeit des Buchs belegen, frage ich mich dennoch, ob das Buch für ein Lehrbuch nicht recht viel (zu viel?) voraussetzt, nämlich eine hochmotivierte Intellektualität der Studierenden. So kommen die fiktiven Dialoge gelegentlich noch anspruchsvoller daher als der fachtheologische Input. Mensagespräche in Münster mögen häufiger so verlaufen, andere Orte bieten (leider) andere Erfahrungen. Wie wären aber diese aufzunehmen? Hier müsste die didaktische Reduktion derer beginnen, die mit diesem Buch arbeiten und sich erst einmal selbst von ihm herausfordern lassen. In diesem Sinne hat Stosch auch ein wichtiges Lernbuch für Lehrende geschrieben, die im universitären und im gymnasialen Bereich arbeiten (Peter Hofmann)



Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 36 (2007), Heft 1/2, S. 63.

 

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