Heilige und ihre Verehrung

Buchvorstellung - 25.01.2009

Bruno Steimer u. Thomas Wetzstein (Red.)
Lexikon der Heiligen und der Heiligenverehrung
(Lexikon für Theologie und Kirche kompakt)

Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2003
3 Bände mit zus. 2104 Sp., EUR 64.00
ISBN 3-451-28190-2)

Manche Heilige sind auch heute in aller Munde. Wenn Topmanager die am 19. Oktober 2003 seliggesprochene Mutter Teresa als faszinierendste Persönlichkeit bezeichnen oder Jugendliche dieselbe indische Ordensfrau als zweitwichtigstes Vorbild nach ihrer eigenen Mutter ansehen, wirkt sich der ausgezeichnete Fall christlichen Lebens im Alltag aus. Mit zunehmender Faszination aktualisieren auch die Medien regelmäßig ihre Statistiken der im Pontifikat Johannes Pauls II. selig- und heiliggesprochenen Personen. So ist es gut, dass der Verlag Herder in seiner Reihe „Lexikon für Theologie und Kirche kompakt“ nun die Heiligen und die Heiligenverehrung aus den elf Bänden der Originalausgabe herausgezogen hat.

Etwa 3000 Personen werden in den rund 2250 Artikeln behandelt. Die alphabetische Anordnung richtet sich dabei nach den Vornamen, wie sie im liturgischen Gebrauch üblich sind. Für die Heiligen der Neuzeit ist das gewöhnungsbedürftig, erleichtert aber die Einheitlichkeit. Es folgt die Klassifikation als „heilig“ oder „selig“, die dem neuesten Martyrologium Romanum von 2001 entnommenen ist, wobei für die Heiligen des zweiten und dritten Jahrtausends das Jahr ihrer Kanonisation und für alle das Datum ihres liturgischen Gedenkens mitgeteilt ist. Auf diese Weise kann das Lexikon nicht nur zum Nachschlagen, sondern auch zur gezielten Vorbereitung gottesdienstlicher Feiern mit verwendet werden.

Querverbindungen ergeben sich durch die Personenverweise aus einzelnen Artikeln. Eine Übersicht bietet das ausführliche Stichwortregister zu den Personen im dritten Band (Sp. 2031-2100). Dass auch ein solches Lexikon nicht ohne Lücken bleiben kann, zeigt die Liste der Selig- und Heiligsprechungen im Pontifikat Johannes Pauls II. (Sp. 1985-2006). Hier wären durchaus Ergänzungsartikel zum ursprünglichen LThK angebracht gewesen.

Positiv hervorzuheben ist der eigene Sachteil mit Stichworten rund um das Thema Heiligenverehrung. Dabei fällt auf, dass sich die wissenschaftliche Theologie in allen ihren Disziplinen mit Heiligen zu beschäftigen hat. Wer die 74 Sachartikel liest, bekommt nicht nur einen Überblick über die Themen rund um Heiligenverehrung, sondern kann wie in einem Brennpunkt den Zusammenhang der Theologie sehen. Über „Ablass“ und „Kirchenschatz“ ist die Gnadenlehre präsent. Das Kirchenrecht spielt sowieso in vielen Zusammenhängen institutioneller Art eine wichtige Rolle. Die Praxis der Heiligenverehrung wird nicht nur in Artikeln wie „Devotionalien“ oder „Heiligenverehrung“ thematisiert. Ihre Entwicklung durch die Jahrhunderte lässt sich quer durch die Artikel verfolgen. Dass dabei ein gewisser Schwerpunkt auf dem Mittelalter liegt, ist ein Reflex der gegenwärtigen Forschungslandschaft; Hagiographie ist weitgehend auf die Antike und das Mittelalter beschränkt. Dass es aber ein sehr lebendiges Fach ist, zeigen die vielen Literaturnachträge. Aus ihnen kann man dann auch etwas über den Zusammenhang von „Allerheiligen“ und „Halloween“ erfahren. Damit ist Heiligenverehrung plötzlich im aktuellen Zeitgeist präsent.

Besonders viel neue Literatur findet sich bei den Artikeln „Heiligsprechung“, „Reliquien“ und „Wallfahrt“. In diesen drei Richtungen konzentriert sich auch die augenblickliche Forschung. Heiligsprechung ist unter juristischem Gesichtspunkt ein sich ständig verändernder und an den Herausforderungen der jeweiligen Personen zu orientierender Vorgang der Untersuchung und Beurteilung von Leben und Nachwirkung konkreter Menschen. Reliquien faszinieren die Forschung, weil in ihnen Personen real oder symbolisch gewissermaßen lebendig erhalten werden können; nicht nur in religiösen Kontexten, sondern auch als säkulare Phänomene findet sich Reliquienverehrung bis heute. Wallfahrten sind nicht nur einen Erscheinungsform des modernen Massentourismus, sondern setzen zunehmend junge Menschen in Bewegung, um im Unterwegssein menschliche und religiöse Erfahrungen zu machen.

Für jeden, der sich für Heilige interessiert, liegt mit dem Extrakt aus dem LThK ein unverzichtbares Nachschlagewerk vor, das sich auch für Gottesdienst- und Unterrichtsvorbereitung gebrauchen lässt. Auch wenn die lexikalische Form auf den ersten Blick sperrig zu sein scheint, öffnet sie doch viele Möglichkeiten, Zusammenhängen nachzuspüren und auf Entdeckungsreise durch die zweitausendjährige Geschichte der Gemeinschaft zu gehen, die sich im Glaubensbekenntnis als „heilige Kirche“ bezeichnet.

Joachim Schmiedl

Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 33 (2004), Heft 2, S. 111.

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